Rz. 35

Würde man bei der Ermittlung des Vergütungsgrundbetrages aufhören, wäre nicht ausreichend nach der Art der Testamentsvollstreckung differenziert: Die "Tabellenwerte" sollen nämlich nach ihrem eigenen Anspruch nur die glatte Abwicklung unter normalen Verhältnissen abgelten. Sie decken den Zeitraum bis zur Beendigung der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ab; das ist im Regelfall die Überleitung des Nachlasses auf einen Nachfolger als Testamentsvollstrecker oder der "Aushändigung" bzw. Freigabe des Nachlasses an die Erben und die Erfüllung der erbschaftsteuerlichen Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers.

Differenzierungsgebot und Äquivalenzprinzip verlangen, dass der Pflichtenkreis des Testamentsvollstreckers, der Umfang der ihn treffenden Verantwortung und die von ihm geleistete Arbeit zu berücksichtigen sind.

 

Rz. 36

Eine bloße Abwicklungsvollstreckung ist dabei anders zu honorieren als eine Dauervollstreckung. In beiden Fällen kann es neben der eigentlichen Verwaltungsarbeit auch zu besonders schwierigen und aufwändigen Konstituierungsmaßnahmen kommen. Erfolgt eine längere Verwaltungstätigkeit oder verursacht die Verwaltung eine besonders umfangreiche oder zeitraubende Tätigkeit oder ist sie aus sonstigen, auch aus juristischen Gründen, z.B. bei Vorhandensein von Minderjährigen, besonders schwierig, so kann eine höhere Vergütung angemessen sein, auch eine laufende Vergütung, die nach dem Jahresertrag der Einkünfte zu berechnen ist.

 

Rz. 37

Die Tabellen führen jedenfalls dann zu unangemessenen Ergebnissen, wenn die im konkreten Fall vom Testamentsvollstrecker erbrachte Leistung nicht berücksichtigt wird. Maßgebliche Kriterien sind die Schwierigkeit der gelösten Aufgaben, die Dauer der Abwicklung oder der Verwaltung, die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen und auch der Erfolg der Tätigkeit.[26] Die Vergütung hat darüber hinaus das ein "normales" Maß übersteigendes Haftungsrisiko des Testamentsvollstreckers (§ 2219 BGB) zu berücksichtigen.

Methodisch richtig ist es daher, diese Faktoren neben dem Vergütungsgrundbetrag (der ggf. selbst zu verifizieren ist) zu erfassen und für sie besondere Zuschläge zu gewähren oder ggf. auch Abschläge vorzunehmen, wenn die Tätigkeit relativ einfach ist.

 

Rz. 38

Auch Banken übernehmen Testamentsvollstreckungen. Es ist also sinnvoll, sich im Einzelfall – gewissermaßen zur Kontrolle des vorläufigen Ergebnisses aufgrund der Tabellen – das Prüfungsschema von Banken heranzuziehen.

 

Rz. 39

Auch das Mittelwertverfahren kann helfen, zu einer angemessenen Vergütung zu gelangen. Es ist dann die Vergütung nach den einzelnen Tabellen (oder einigen von Ihnen) zu errechnen, um sodann den Mittelwert zu bilden.[27] Auch dieser Mittelwert bedarf natürlich der Feinjustierung.

[26] BGH NJW 1967, 2004; WM 1972, 101; BGH ZEV 2005, 22, 23.
[27] Vgl. Überblick bei Damrau/Tanck/Bonefeld, Praxiskommentar Erbrecht, § 2221 Rn 26.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge