Rz. 190
Im Zuge des MoMiG neu geschaffen wurde der – mitunter im Rahmen des cash pooling relevante[538] – Haftungstatbestand des § 64 Satz 3 GmbHG a.F., der als eigenständiger Ersatzanspruch eine Haftung der Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter begründet, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen.[539] Aufgrund seiner bisherigen, bis Inkrafttreten des SanInsFoG zum 1.1.2021, systematischen Stellung im Gesellschaftsrecht, die angesichts des mit dem MoMiG mitunter verfolgten Zwecks einer Haftungsverlagerung in das Insolvenzrecht nicht ohne Gewicht ist, konnte zumindest noch bezweifelt werden, ob die zur Existenzvernichtungshaftung der Gesellschafter komplementäre Geschäftsführerhaftung ebenfalls insolvenzrechtlich qualifiziert werden kann.[540] Auch beruhte die Haftung letztlich auf einer Verletzung der im laufenden Geschäftsbetrieb zu erfüllenden Pflicht zur Überwachung der Liquiditätslage nach Art eines Solvenztests.[541] Jedoch ging schon der Gesetzgeber in der Begründung zum Regierungsentwurf des MoMiG von einer insolvenzrechtlichen Einordnung aus.[542] Nur eine insolvenzrechtliche Qualifikation trägt auch der Nähe des Haftungstatbestands zur Insolvenzanfechtung hinreichend Rechnung – Rechtsfolge ist hier wie dort die Rückgewähr zugunsten der Masse und damit zugunsten der Gläubigergesamtheit; prozessführungsbefugt ist im eröffneten Verfahren der Insolvenzverwalter;[543] zudem stellt die Vorschrift ausdrücklich auf das Herbeiführen eines Insolvenzgrundes ab.[544] Wenngleich der Anspruch bereits mit Zahlung – und nicht erst mit Eintritt der Insolvenzbedingung – entsteht,[545] handelte es sich mithin um einen insolvenzrechtlichen Haftungstatbestand, der dem insolvenzrechtlichen Verteilungsgrundsatz Vorwirkungen vor Eröffnung des Verfahrens verleiht.[546]
Rz. 191
Die insolvenzrechtliche Einordnung sieht sich durch das SanInsFoG bekräftigt, wonach unter Abschaffung des § 64 GmbHG die Haftung des § 64 S. 3 GmbHG a.F. der Sache nach inhaltsgleich, jedoch als rechtsformunabhängig ausgestaltete Regelung an den Regelungsstandort in § 15b Abs. 5 InsO verlegt wurde.
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