Rz. 5

Hat der Erblasser immaterialgüterrechtlich geschützte Inhalte Dritter genutzt, so kann er das entweder ohne Recht zur Nutzung getan haben oder ihm wurde das entsprechende Recht von dem Rechteinhaber oder einer insoweit vom Rechteinhaber befugten Person eingeräumt.

 

Anmerkung zur im Folgenden verwendeten Terminologie

Die Terminologie im Bereich der Immaterialgüterrechte ist nicht einheitlich, wenn es um die Einräumung von Rechten an dem jeweiligen Immaterialrechtsgut durch den Berechtigten geht. So spricht das UrhG bspw. von der Einräumung von "Verwertungs-" und "Nutzungsrechten", benutzt aber auch die Begriffe "Befugnisse" und "Einwilligung". Im MarkenG und im PatG ist dagegen bspw. von der Zustimmung des Rechteinhabers und der Einräumung von Lizenzen die Rede. Auch der Charakter und der Umfang des jeweils eingeräumten Rechts kann sehr verschieden sein. So sind urheberrechtliche Nutzungsrechte selbstständige Rechte mit dinglicher Wirkung, während es auch Befugnisse schuldrechtlicher Natur gibt.[2] Im Folgenden verwenden wir einheitlich den Begriff "Zustimmung", wenn es um die bloße Erlaubnis zur Nutzung geht und eine nähere Differenzierung für unsere Zwecke nicht erforderlich ist.

[2] Vgl. nur Dreier/Schulze, UrhG, § 31 UrhG Rn 9.

I. Nutzung durch den Erblasser ohne Zustimmung des Berechtigten

 

Rz. 6

Im Falle der Nutzung eines Immaterialgüterrechts durch den Erblasser ohne Zustimmung des Berechtigten oder bei einer sonstigen Rechtsverletzung hat der Rechteinhaber verschiedene Ansprüche gegen den Erblasser.

In unserem Beispiel hat A das Zeichenprogramm ohne Zustimmung genutzt. Der Berechtigte hat gegen ihn deshalb Ansprüche auf vollständige Löschung des Zeichenprogramms (§ 69f Abs. 1 UrhG), auf Zahlung von Schadensersatz (§ 97 Abs. 2 S. 1 UrhG) und auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (§ 97 Abs. 1 UrhG). Ähnliche Ansprüche sind geregelt in § 139 PatentG, § 14 MarkenG, § 42 DesignG, § 24 GebrMG, § 9 HalblSchG, § 37 SortenG.

 

Rz. 7

Es stellt sich bei diesen Ansprüchen die Frage, inwieweit sie nach den §§ 1922, 1967 BGB auch zu den von den Erben zu erfüllenden Nachlassverbindlichkeiten gehören. Soweit es um die Zahlung von Schadensersatz, die Herausgabe von Gegenständen oder die Löschung von Daten geht, ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Ansprüche nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören sollten.[3] Warum sollte der Erbe bspw. behalten dürfen, was der Erblasser löschen musste?

Anders ist es aber, soweit es um den Anspruch auf Unterlassen und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geht. Mit dem Tod des Erblassers entfällt die in aller Regel durch sein Verhalten begründete Wiederholungsgefahr. So hat etwa auch der Adressat ehrbeeinträchtigender Äußerungen keinen Anspruch gegen die Erben auf Abgabe einer Unterlassungserklärung. Ansprüche Dritter auf Unterlassen gegen den Erblasser als "Handlungsstörer" oder als "Verletzer" gehen deshalb regelmäßig mit dem Todesfall unter.[4]

 

Rz. 8

In unserem Beispiel gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten mithin der Anspruch auf Löschung des Zeichenprogramms sowie der Schadensersatzanspruch, nicht aber der Anspruch auf Unterlassen gegen A.

[3] Nicht zu verwechseln ist diese Konstellation mit derjenigen, in der nicht ein Dritter, sondern der Erblasser einen Unterlassungs-, Löschungs- oder Geldentschädigungsanspruch hatte. Solche Ansprüche gehen in bestimmten Konstellationen nicht auf die Erben über, vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 5.3.1992 – 1 BvR 1291/87 (keine Rechtsnachfolge in einen Unterlassungsanspruch); BGH, Urt. v. 29.11.2016 – VI ZR 530/15, NJW 2017, 800 und BGH, Urt. v. 23.5.2017 – VI ZR 261/16, NJW 2017, 3004 jew. zu Fällen der Unvererblichkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung.
[4] BVerfG, Beschl. v. 5.3.1992 – 1 BvR 1291/87. Siehe auch BGH, Urt. v. 16.3.2006 – I ZR 92/03, ZErb 2006, 306; MüKo-BGB/Küpper, § 1967 BGB Rn 27 jew. für die Fälle der durch den Erblasser begründeten Wiederholungsgefahr.

II. Nutzung durch den Erblasser mit Zustimmung des Berechtigten

 

Rz. 9

Hat der Erblasser ein Immaterialgüterrecht mit Zustimmung des Berechtigten genutzt, so kann die Berechtigung entweder als Teil des Nachlasses auf die Erben übergehen oder mit dem Tod des Erblassers erlöschen. Das hängt im Einzelnen von Art, Inhalt und Umfang der Zustimmung ab. So kann ein urheberrechtliches Nutzungsrecht bspw. grds. nicht ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden (§ 34 UrhG). Allerdings gilt die in § 34 UrhG geregelte Einschränkung nur für lebzeitige Übertragungen und nicht für die Vererbung des Nutzungsrechts. Der Inhaber des Nutzungsrechts ist insoweit frei und bedarf für die Vererbung nicht der Zustimmung des Urhebers.[5] Das hat erhebliche Bedeutung für den Kauf von Musik und Büchern in elektronischer Form, wobei aber auch geprüft werden muss, ob das dem Erblasser eingeräumte Nutzungsrecht zeitlich auf die Nutzung durch den Erblasser zu seinen Lebzeiten beschränkt wurde. So ist es in den AGB vieler Onlineanbieter vorgesehen (eingehend § 5 Rdn 21 ff.).

 

Rz. 10

Art, Inhalt und Umfang der jeweiligen Zustimmung lassen sich in der...

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