I. Vergütung

 

Rz. 6

Ist der Anwalt nur mit der Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels beauftragt, richtet sich die Gebühr nach Nr. 2100 VV. Dem Anwalt steht danach ein Gebührenrahmen von 0,5 bis 1,0 zu. Die Mittelgebühr beträgt 0,75. Die Gebührenhöhe bestimmt der Anwalt unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG im Einzelfall. Insoweit will das LG Köln[9] auch berücksichtigen, welche Verfahrensgebühr das Rechtsmittelverfahren bei vorzeitiger Erledigung vorsieht. So begründet es die Höchstgebühr von 1,0 für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung auch damit, dass bereits die ermäßigte Verfahrensgebühr vor Einlegung der Berufung nach Nr. 3201 VV 1,1 betrage. Entsprechendes müsse danach auch für eine Beschwerde betreffend eine Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands gelten.

 

Rz. 7

Eine Erhöhung der Gebühr nach Nr. 1008 VV ist zwar möglich, in Familiensachen jedoch nahezu ausgeschlossen, da, sofern der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt, in aller Regel unterschiedliche Gegenstände vorliegen, deren Werte daher nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zusammenzurechnen sind.

 

Rz. 8

Erledigt sich der Auftrag vorzeitig, also bevor der Anwalt die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels geprüft hat, so findet eine Reduzierung des Gebührenrahmens nicht statt. Eine den Nrn. 3201 Nr. 1, 3207 VV vergleichbare Vorschrift gibt es nicht. Die vorzeitige Beendigung ist lediglich bei der Bemessung nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen. Es ist dann eine Gebühr im unteren Bereich, gegebenenfalls die Mindestgebühr, anzusetzen.

 

Beispiel 1: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels

Gegen seine erstinstanzliche Verpflichtung, Zugewinn in Höhe von 20.000,00 EUR zu zahlen, will der Antragsgegner Beschwerde einlegen und lässt sich beraten, ob eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der beauftragte Anwalt prüft dies und verneint die Erfolgsaussicht; die Beschwerde wird nicht eingelegt.

Ausgehend von der Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:

 
1. 0,75-Prüfungsgebühr, Nr. 2100 VV   556,50 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV[10]   20,00 EUR
  Zwischensumme 576,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   109,54 EUR
Gesamt   686,04 EUR
 

Beispiel 2: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels – mehrere Auftraggeber, verschiedene Gegenstände

Die Anträge auf künftige Unterhaltszahlung der Ehefrau (monatlicher Betrag 350,00 EUR) und des Kindes (monatlicher Betrag 281,00 EUR) sind abgewiesen worden. Der Anwalt wird daraufhin beauftragt, zu prüfen, ob eine Beschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt prüft dies und verneint die Erfolgsaussicht; die Beschwerde wird nicht durchgeführt.

Jeder Unterhaltsanspruch ist ein eigener Gegenstand; es liegt daher kein Fall der Nr. 1008 VV vor. Die Prüfungsgebühr erhöht sich daher nicht nach Nr. 1008 VV, sondern berechnet sich aus dem Gesamtwert in Höhe von (350,00 EUR + 281,00 EUR =) 631,00 EUR x 12 = 7.572,00 EUR (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. §§ 33 Abs. 1 S. 1, 35, 51 Abs. 1 FamGKG).

Der Anwalt erhält insgesamt:

 
1. 0,75-Prüfungsgebühr, Nrn. 2100 VV   342,00 EUR
  (Wert: 7.572,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV[11]   20,00 EUR
  Zwischensumme 362,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   68,78 EUR
Gesamt   430,78 EUR
[9] AGS 2012, 385 m. Anm. N. Schneider = NJW-RR 2012, 1471 = NJW-Spezial 2012, 571.
[10] Zur Postentgeltpauschale siehe Rdn 3.
[11] Zur Postentgeltpauschale siehe Rdn 3.

II. Anrechnung im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren

 

Rz. 9

Wird der Anwalt anschließend mit dem Rechtsmittelverfahren beauftragt, ist eine Anrechnung vorzunehmen. Keine Probleme ergeben sich dabei, wenn die Werte von Beratung und Rechtsmittel identisch sind.

 

Beispiel 3: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels mit nachfolgendem Rechtsmittelverfahren bei identischem Wert

Gegen seine erstinstanzliche Verpflichtung zur Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 20.000,00 EUR will der Antragsgegner Beschwerde einlegen und lässt sich beraten, ob die Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat. Der beauftragte Anwalt prüft dies und bejaht die Erfolgsaussicht, sodass ihm hiernach der Auftrag zur Beschwerde erteilt und diese auch durchgeführt wird.

Für die Prüfung ist abzurechnen wie in Beispiel 1; im nachfolgenden Beschwerdeverfahren ist diese Prüfungsgebühr in voller Höhe anzurechnen.

 
I. Prüfung der Erfolgsaussicht
1. 0,75-Prüfungsgebühr, Nr. 2100 VV   556,50 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV[12]   20,00 EUR
  Zwischensumme 576,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   109,54 EUR
Gesamt   686,04 EUR
II. Rechtsmittelverfahren
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.187,20 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 2100 VV anzurechnen,
  0,75 aus 20.000,00 EUR   – 556,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   890,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.541,10 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   292,81 EUR
Gesamt   1.833,91 EUR
 

Rz. 10

Wird der Anwalt anschließend beauftragt, lediglich teilweise Re...

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