Rz. 340

Wenn zwischen Ehegatten keine Vereinbarung besteht, überlagert i.d.R. während einer intakten Ehe die eheliche Lebensgemeinschaft eine Ausgleichspflicht nach § 430 BGB.

Hat daher ein Ehegatte eine Forderung, die auch dem anderen Ehegatten zustand, mit eingezogen, ist es dem anderen Ehegatten regelmäßig verwehrt, den Ausgleich zu fordern.

 

Rz. 341

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofs wird das Gesamtgläubigerverhältnis während der bestehenden Lebensgemeinschaft durch diese gleichsam überlagert und hindert als anderweitige Bestimmung i.S.v. § 430 S. 1 Halbsatz 2 BGB einen Ausgleichsanspruch.[176]

 

Rz. 342

Im Gesamtgläubigerausgleich gelten daher die gleichen Prinzipien wie für den Gesamtschuldnerausgleich. Im Gesamtschuldnerausgleich kann ein Ehegatte, der während einer intakten Ehe als Gesamtschuldner eine Verbindlichkeit abträgt, dafür auch keinen Ausgleich fordern. Der BGH[177] führt insoweit aus:

Zitat

Die Miteigentumsgemeinschaft wurde allerdings durch die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien überlagert. Daraus können sich für ihr Verhältnis als Miteigentümer und Gesamtschuldner der aufgenommenen Kredite Abweichungen gegenüber den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft ergeben. Für die Zeit bis zum Scheitern der Ehe kann es nahe liegen, die alleinige Haftung des Beklagten für die Darlehensschulden aus der konkreten Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse zu folgern.

 

Rz. 343

 

Hinweis

Ein derartiges Verrechnungsverbot gilt auch für Leistungen, die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft während deren Bestehen erbracht haben.[178]

 

Rz. 344

Nichts anderes gilt im umgekehrten Fall, des Einzugs einer Forderung als Gesamtgläubiger. Zieht z.B. ein Ehegatte den Mietzins, welcher aus der Vermietung einer gemeinsamen Immobilie stammt, während bestehender Ehe kontinuierlich ein, kann der andere Ehegatte dafür nach Scheitern der Ehe keinen Ausgleich einfordern. Nach der Rechtsprechung gilt die Vermutung, dass eine gemeinsame Forderung der ehelichen Gemeinschaft zugute gekommen ist, und es mehr oder weniger eine Frage des Zufalls ist, welcher Ehegatte als Gesamtgläubiger den Anspruch geltend gemacht hat.[179]

 

Rz. 345

Nach § 1360 S. 2 BGB sind die für die Lebensgemeinschaft erbrachten Beiträge der Ehegatten grundsätzlich gleichgewichtig anzusehen. Der Anspruch ist als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt seiner nach der individuellen Ehegestaltung übernommenen Funktion leistet.[180] Gem. § 1360b BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass ein Ehegatte von anderen Ehegatten keinen Ersatz verlangt, wenn er zum Unterhalt der Familie einen höheren Beitrag leistet, als ihm obliegt. Danach ist auch in der Konstellation des Gesamtgläubigerausgleichs die Annahme eines Verrechnungsverbotes berechtigt. Andernfalls würde sich jeder Ehegatte, der nach einem Scheitern der Ehe eine Abrechnung seiner von ihm zuvor erbrachten Leistungen verlangen würde, in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzen. Mit anderen Worten: es gibt grundsätzlich kein Nachkarten für die Zeit während intakter Ehe.

[176] BFH FamRZ 2009, 225, 227; BGH FamRZ 2002, 739 ff. m. zust. Anm. Wever.
[178] BGH NJW 1981, 1502 f.
[179] BGH NJW 1990, 705, 706; OLG Düsseldorf NJW RR 1999, 1090 ff.
[180] Palandt/Brudermüller, § 1360 Rn 8.

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