Rz. 153

Für die Praxis empfiehlt es sich – wie stets – den Ausschluss des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB im Rahmen einer außergerichtlichen Regelung zum Ehegattentrennungs- und/oder nachehelichen Ehegattenunterhalt explizit in Schriftform zu dokumentieren, was spätere Auslegungsstreitigkeiten zur "anderweitigen Bestimmung" im Sinne von § 426 BGB vermeidet. Bereits bei Festlegung von Höhe und Dauer des Ehegattenunterhaltsanspruchs sollte insbesondere auch die Frage geklärt werden, ob die "Gesamtschuldnerausgleichsspitze" im Hinblick auf die nicht deckungsgleichen Ergebnisse bei den beiden unterschiedlichen Berechnungen vom Unterhaltsschuldner gegen den Unterhaltsberechtigten noch geltend gemacht werden kann oder ob der Gesamtschuldnerausgleichsanspruch bei Einstellung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit beim Unterhaltsschuldner als Abzugsposition vollständig ausgeschlossen sein soll.

 

Rz. 154

Eine solche ausdrückliche Vereinbarung empfiehlt sich insbesondere in Fällen, in denen gesamtschuldnerische Verbindlichkeiten vorhanden sind und von einem Ehegatten allein getragen werden, ohne dass dieser zeitnah den Ausgleich nach § 426 BGB von dem anderen Ehegatten verlangt und dieser gar keinen Ehegattentrennungsunterhaltsanspruch/nach ehelichen Ehegattenunterhaltsanspruch geltend macht. Denn wenn es sich bei dieser Verhaltensweise beider Ehegatten um eine rein faktische Handhabung handelt, der weder eine explizite noch eine konkludente Vereinbarung zugrunde liegt, so reicht dies regelmäßig nicht aus, um hierin einen Verzicht des im Außenverhältnis leistenden Ehegatten auf seinen Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zu sehen.[127] Denn in solchem Fall liegt ja gar keine Unterhaltsberechnung vor, in die die gesamtschuldnerische Verbindlichkeit hätte eingestellt werden können, da kein Ehegatte vom anderen verlangt, dass Unterhalt berechnet und gezahlt wird. Deshalb sei dieser Fall den vorstehend bezeichneten Fallgestaltungen verschieden, in denen tatsächlich eine Unterhaltsberechnung angestellt und Unterhalt gezahlt werde.

Der im Außenverhältnis nicht leistende Ehegatte sieht sich also möglicherweise noch Jahre später erheblichen Ausgleichsforderungen des anderen Ehegatten ausgesetzt, der ihn auf Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB in Anspruch nimmt, ohne dass er dem eine "anderweitige Bestimmung" im Rahmen von Ehegattenunterhaltsberechnungen entgegensetzen könnte. Die Grenze für die Geltendmachung der Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB ist die Verjährung, es gilt die allgemeine Verjährungsfrist von §§ 195, 199 BGB, wobei im Rahmen der Geltendmachung von Ansprüchen von Eheleuten gegeneinander, insbesondere auch die Vorschrift über die Hemmung der Verjährung wegen bestehender Ehe gemäß § 207 BGB zu berücksichtigen ist, sodass bei Leistung auf die Gesamtschuld nach Trennung bis zu einer rechtskräftigen Scheidung sich Ausgleichsansprüche des leistenden Ehegatten gegen den anderen über einen sehr langen Zeitraum anhäufen können.

 

Rz. 155

Besonders gravierend wirkt sich auch der Umstand aus, dass im Gegensatz zu dem Gesamtschuldnerausgleichansprüchen im Hinblick auf § 1613 BGB eine rückwirkende Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ausgeschlossen ist, selbiger also nur mit Wirkung für die Zukunft verlangt werden kann. Entsprechend kann der auf Gesamtschuldnerausgleich in Anspruch genommene Ehegatte sich auch nicht etwa durch Aufrechnung gegen die Ausgleichsansprüche mit ihm zustehenden Unterhaltsansprüchen wehren, wenn er den Ehegattenunterhaltsanspruch in der Vergangenheit nicht unter Beachtung auch von § 1613 BGB geltend gemacht hat.

 

Rz. 156

Dem im Außenverhältnis nicht leistenden Gesamtschuldnerehegatten ist also dringend anzuraten, alsbald nach Trennung eine Regelung mit dem anderen Ehegatten anzustreben, die seine innere Annahme, er werde im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nicht in Anspruch genommen werden, da er ja keinen Ehegattenunterhalt geltend mache, auch in gebührender Weise reflektiert. Unterlässt er dies, kann er sich regelmäßig einer späteren Inanspruchnahme als Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB auf Innenverhältnisausgleich nicht entziehen, denn die Anforderungen an eine konkludent zustande gekommene Vereinbarung, wonach solche Innenverhältnisausgleichsansprüche später nicht im Rahmen einer Abrechnung des Gesamtschuldverhältnisses geltend gemacht werden, sind streng und solches ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen.[128]

 

Rz. 157

Denn die anderweitige Bestimmung im Sinne von § 426 Abs. 1 S. 1 BGB impliziert zwingend, dass von den beiderseitigen Einkünften und den gesetzlichen Tatbeständen her Unterhaltsansprüche eines Ehegatten gegen den anderen überhaupt gegeben sind. Sind solche zwischen den Eheleuten evident, möglicherweise außergerichtlich auch bereits einmal im Rahmen rechnerisch richtiger Berechnungen geltend gemacht worden und werden diese dann erkennbar im Hinblick auf die Alleintragung der gemeinsamen Verbindlichkeiten durch den anderen Ehegatten vom unterhaltsberechtigten Ehe...

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