Rz. 195
Ansprüche von Ehegatten untereinander, auch solche auf Innenverhältnisausgleich bei der Gesamtschuld, sind auf Seiten des Schuldners in seiner Vermögensbilanz zu passivieren, während der Gläubigerehegatte sie in seiner Vermögensbilanz als Aktivpositionen einzustellen hat. Diese Behandlung im Rahmen der Vermögensbilanzen ist zwingend, die Frage der Fälligkeit der Ausgleichsforderung spielt keine Rolle.[140]
Dies gilt für alle Arten von Ansprüchen, insbesondere auch für fällige, rückständige Unterhaltsansprüche.[141]
Rz. 196
Gleichgültig ist auch, ob die Verbindlichkeit im Außenverhältnis noch offen ist und auch der Umstand, dass vor Zustellung des Scheidungsantrags ein Ehegatte im Außenverhältnis die Leistung hätte bereits erbringen können und/oder müssen, hat keinerlei Relevanz. Zu beachten ist die Stichtagsbezogenheit der Anspruchsbewertung – es kommt auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an.
Ist die Ausgleichsforderung eines Ehegatten gegen den anderen wegen dessen Leistungsunfähigkeit nicht beitreibbar, ist die gemeinsame Verbindlichkeit voll beim leistungsfähigen Ehegatten zu passivieren, statt – wie normalerweise – bei beiden Ehegatten zu je ein halb.
Rz. 197
Bei der normalen hälftigen Berücksichtigung in beiden Zugewinnausgleichsbilanzen bleibt es aber, wenn dem leistungsunfähigen Ehegatten im Rahmen des Zugewinnausgleichs eine Zugewinnausgleichsforderung zusteht, mit der er – ggf. durch Aufrechnung – seine Ausgleichsschuld nach § 426 BGB gegenüber dem anderen Ehegatten begleichen kann.[142]
(a) Bereits zurückgeführte gesamtschuldnerische Verbindlichkeit
Rz. 198
Wenn vor Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrags eine gemeinsame Schuld von beiden Ehegatten zurückgeführt worden ist, insbesondere im Rahmen der Rückführung ihre Beteiligungsquoten im Innenverhältnis berücksichtigt wurden, so ist diese Angelegenheit abgeschlossen und kommt im Rahmen der Durchführung eines Zugewinnausgleichsverfahrens nicht mehr vor, es erübrigen sich alle Angaben hierzu in der Vermögensbilanz.
Rz. 199
Anders ist dies jedoch, wenn vor dem Stichtag (aber nach Trennung!) ein Ehegatte die gemeinsame Schuld allein zurückgeführt hat, dann steht ihm die Ausgleichsforderung nach § 426 BGB schuldrechtlich zu und er muss diese Vermögensposition "Forderung" in seiner Ausgleichsbilanz aktivieren, gleichzeitig kann der andere Ehegatte seine diesbezügliche Verbindlichkeit gegenüber dem anderen Ehegatten in seiner Vermögensbilanz passivieren.
Rz. 200
Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:
Rechenbeispiel
Die Eheleute haben während der Ehe einen gemeinsamen Kredit aufgenommen zur Durchführung einer Weltreise in Höhe von 30.000 EUR. Nach Trennung führt der Ehemann diesen Kredit allein zurück und erhält auf seine damit einhergehende Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB in Höhe von 15.000 EUR zwischen Trennung und Zustellung des Ehescheidungsantrags von der Ehefrau keinen Ausgleich. Der Ehemann hat bis zum Stichtag außerdem weiteres Vermögen im Wert von 40.000 EUR erworben, die Ehefrau hat ein Endvermögen von 100.000 EUR. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren beide mittellos. Das Anfangsvermögen beträgt also "Null". "Privilegierter Erwerb" nach § 1374 Abs. 2 BGB ist während der Ehe nicht erfolgt, im Endvermögen berücksichtigungsfähige Schulden gibt es nicht.
Auf dieser Grundlage ergibt sich für den Ehemann ein Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 15.000 EUR, der sich wie folgt errechnet:
Endvermögen Ehemann sonstiges Vermögen | 40.000 EUR |
zzgl. Ausgleichsanspruch gegen die Ehefrau | + 15.000 EUR |
insgesamt | 55.000 EUR |
Endvermögen Ehefrau sonstiges Vermögen | 100.000 EUR |
abzgl. Ausgleichsforderung des Ehemannes | – 15.000 EUR |
insgesamt | 85.000 EUR |
Differenz:
Ehefrau | 85.000 EUR |
abzgl. Ehemann | – 55.000 EUR |
ergibt | 30.000 EUR |
davon ½ | 15.000 EUR |
Damit kann der Ehemann im Zugewinnausgleich von der Ehefrau 15.000 EUR verlangen.
Daneben hat er zusätzlich den zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB in Höhe von 15.000 EUR.
(b) Noch nicht zurückgeführte gesamtschuldnerische Verbindlichkeit
Rz. 201
Besteht bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages die Schuld, für die beide Ehegatten gesamtschuldnerisch haften noch, ist sie im Rahmen der Vermögensbilanz im Endvermögen jedes Ehegatten voll als Verbindlichkeit einzustellen (und nicht etwa nur mit der im Innenverhältnis auf jeden Ehegatten entfallenden Hälfte!). Dies ergibt sich zwingend aus § 421 BGB, wonach der Gläubiger jeden Gesamtschuldner in voller Höhe auf die Forderung in Anspruch nehmen kann. Anders wäre dies bei Bestehen einer Teilschuld, dann wäre natürlich bei jedem Ehegatten nur die auf ihn im Außenverhältnis entfallende Schuld zu passivieren.
Rz. 202
Anschließend ist in den jeweiligen Ausgleichsbilanzen der jeweilige Ausgleichsanspruch aus dem Innenverhältnis der Gesamtschuldner gegen den jeweils anderen zu aktivieren. Danach ist die volle Schuld aus dem Außenverhältnis mit diesem Ausgleichsanspruch gegen den anderen zu saldieren.
Rz. 203
Diese Vorgehensweise zeitigt rege...
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