Rz. 6

Bevor mit der Planung eines Nachfolgeprojekts, geschweige denn mit der Entwicklung eines Konzepts für die Unternehmensnachfolge begonnen werden kann, muss zunächst die Ausgangssituation erforscht und analysiert werden.[1] Nur auf der Grundlage vollständiger und zutreffender Sachverhaltsinformationen kann die den weiteren Planungen zugrunde zu legende Rechtslage bzw. die wirtschaftliche und steuerrechtliche Ausgangssituation bestimmt werden. Aus diesem Grund kann auf die Ermittlung des Sachverhalts keine zu große Sorgfalt verwendet werden.[2]

[1] Scherer/Scherer, MAH Erbrecht, § 1 Rn 7; Reimann, ZEV 1997, 129; Heussen/Hamm/Borgmann, Beck’sches Rechtsanwaltshandbuch, 11. Aufl. 2016, § 52, Rn. 26.
[2] BGH vom 8.11.2001 – IX R 404/99, NZV 2002, 268.

I. Beteiligte Personen

1. Allgemeines

 

Rz. 7

Die gesetzliche Erbfolge und damit einhergehend auch etwaige Pflichtteilsrechte sind (jedenfalls dem Grunde nach) in erster Linie davon abhängig, welche Verwandten der Erblasser bei seinem Tod hinterlässt. Im Hinblick darauf, dass auch bei lebzeitigen Übertragungen stets zu prüfen ist, ob und inwieweit hierdurch zukünftige Pflichtteils- und/oder Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgelöst (provoziert) werden, spielen die Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse nicht nur im Rahmen der Testamentsgestaltung sondern auch bei der Planung einer lebzeitigen Vermögens- und/oder Unternehmensnachfolge eine entscheidende Rolle.

Es empfiehlt sich daher, die Familienverhältnisse in einer Art Stammbaum festzuhalten und mit dessen Hilfe die gesetzlichen Erb- bzw. Pflichtteilsquoten festzustellen.[3] Soweit außer den im Stammbaum erfassten Personen noch weitere Begünstigte (Beschenkte, Erben oder Vermächtnisnehmer) in Betracht kommen, sollten auch diese erfasst werden.

[3] Vgl. hierzu Tanck/Krug/Süß/Tanck, Anwaltformulare Testamente, § 1 Rn 4.

2. Unternehmer/Vermögensinhaber

 

Rz. 8

Der Unternehmer ist eine der Hauptpersonen bei der Planung der Unternehmensnachfolge. Aus diesem Grund müssen über ihn umfassende Informationen erhoben werden. Diese reichen von seinen persönlichen Daten (Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift) über seine Staatsangehörigkeit(en) und seinen Güterstand bis hin zu der Frage, in welchen Ländern er auf welcher Rechtsgrundlage steuerpflichtig ist.

3. Nachfolger, übrige Bedachte und (Rest-)Familie

 

Rz. 9

Dieselben Informationen, die beim Unternehmer relevant sind, sind es auch beim potenziellen Unternehmensnachfolger sowie ggf. vorhandenen weiteren Bedachten (z.B. Erwerber von Privatvermögen). Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob diese unter Lebenden oder von Todes wegen begünstigt sein sollen. Denn das Interesse des Vermögensinhabers geht regelmäßig dahin, jegliche Übertragungen so rechtssicher und so steuergünstig wie möglich auszugestalten. Zur Erreichung dieses Zieles ist es notwendig, über vollständige Informationen zu verfügen.

 

Rz. 10

Hinsichtlich der (Rest-)Familie sind die Anforderungen demgegenüber weniger hoch. Hier genügt es in der Regel, zu wissen, dass die entsprechenden Personen existieren und in welcher Weise sie mit dem Vermögensinhaber verwandt sind. Sollte einer der Beteiligten eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen, ist ergänzend zu prüfen, ob und inwieweit sich dies auf mögliche erbrechtliche Ansprüche sowie die steuerliche Situation[4] auswirkt.

[4] Der Übergang von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft – durch Schenkung oder auch von Todes wegen – auf einen in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerber kann nach § 6 Abs. 1 S. 2 AStG mitunter eine sog. Wegzugsbesteuerung auslösen, durch die ein fiktiver Veräußerungsgewinn im Übertragungszeitpunkt besteuert wird.

II. Lebzeitige Vorempfänger

 

Rz. 11

Ist das Personentableau klar, sollte die Frage geklärt werden, ob, in welchem Umfang und mit welchen vertraglichen Vereinbarungen bereits lebzeitig Vermögen (insbesondere auf Familienangehörige des Unternehmers) übertragen wurde. Denn sog. lebzeitige Vorempfänge können sich sowohl im Rahmen der Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB auf die gesetzlichen Erbteile auswirken als auch über § 2316 BGB auf zukünftige Pflichtteilsansprüche. Darüber hinaus können sie für Pflichtteilsergänzungsansprüche relevant sein, und zwar sowohl in der Weise, dass sie überhaupt erst solche Ansprüche auslösen, aber auch dadurch, dass sie kraft Gesetzes auf etwaige Pflichtergänzungsansprüche anzurechnen sind oder kraft Anrechnungsbestimmung sogar auf den ordentlichen Pflichtteilsanspruch.

 

Rz. 12

Da man eine Einschätzung der rechtlichen Auswirkung lebzeitiger Zuwendungen vom Unternehmer schlechterdings nicht erwarten kann, sollten die Angaben zu den Vorempfängen nicht lediglich erfragt werden. Notwendig ist es vielmehr, die entsprechenden Übertragungs- bzw. Schenkungsverträge (soweit vorhanden) einzusehen und zu analysieren. Auch hinsichtlich der Werte der einzelnen Zuwendungen sollte man sich um eine angemessene Dokumentation bemühen.

III. Vermögen

1. Aufstellung des Gesamtvermögens

 

Rz. 13

Auch wenn die Unternehmensnachfolge, wie der Begriff bereits verdeutlicht, in erster Linie auf die Übertragung des Unternehmens abzielt, spielt doch für eine sinnvolle Planung das insgesamt vorhandene Verm...

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