Rz. 11

Zu Abgrenzungsproblemen (vgl. § 1 Rdn 41). Der im Muster dargestellte Katalog ist weit verbreitet, im Einzelfall allerdings nicht unproblematisch. Die Abgrenzung etwa bei Balkonen führt teilweise zu absurden Ergebnissen.[6] Allerdings ziehen (künftige) Wohnungseigentümer es vor, dass "ihr" Eigentum in der Urkunde greifbar umschrieben ist. Dies gilt nun auch hinsichtlich von Freiflächen, auf die Sondereigentum erstreckt werden kann. Hier will ein Wohnungseigentümer auch lesen, dass die Freifläche "sein" Garten ist. Die Rechtsprechung beschäftigt sich immer wieder aufs Neue mit der Frage nach der Sondereigentumsfähigkeit einzelner Gebäudebestandteile. So hält etwa das OLG Frankfurt[7] Markisen für zwingendes Gemeinschaftseigentum. Die Geschossdecken einer als einheitliches Teileigentum ausgestalteten Tiefgarage sind notwendig Gemeinschaftseigentum.[8] Die Kasuistik ist kaum überschaubar, teils widersprüchlich und unterliegt einem steten Fluss von Veränderungen und/oder neuen Erkenntnissen. Ver- und Entsorgungsleitungen sind nach dem jetzigen Stand der Rechtsprechung sondereigentumsfähig (erst) ab der ersten Absperrmöglichkeit innerhalb des räumlichen Bereichs des ­Sondereigentums;[9] Außenfenster und Türen sind zwingend Gemeinschaftseigentum.[10] Ältere Gerichtsentscheidungen, Aufsätze, Kommentare und Formularbücher sind daher mit großer Vorsicht zu lesen! Die von der Rechtsprechung und Literatur vorgenommenen Differenzierungen sind häufig schwer nachvollziehbar; spätere bauliche Veränderungen können zum Wechsel von Gemeinschafts- bzw. Sondereigentumsfähigkeit führen, z.B. nachträglicher Anschluss einer weiteren Einheit an eine Fäkalienhebeanlage;[11] Wechsel von Gesamtschließanlage zu individuellen Schlössern,[12] Bau eines weiteren Gebäudes auf einer Freifläche im Annex-Sondereigentum einer Erdgeschosswohnung. Letztlich können auch technische Entwicklungen dazu führen, dass Abgrenzungskataloge unrichtig oder unvollständig werden. Die Kautelarpraxis sollte daher Vorsicht walten lassen und mindestens mit Auffangregelungen (vgl. dazu Rdn 13) arbeiten.

[6] Vgl. dazu Langhein, notar 2008, 18 f.
[11] Vgl. OLG Schleswig RNotZ 2007, 279.
[12] Vgl. F. Schmidt, ZWE 2014, 78.

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