Rz. 42

Bei Anfechtung einer Einigung treten die Rechtsfolgen gem. § 142 BGB ein, wonach der Vertrag als von Anfang an als nichtig gilt. Unter Anwendung des Grundsatzes, dass der Einigungsvertrag für das Entstehen der Einigungsgebühr zustande gekommen sein muss, kann bei einer Anfechtung die Einigungsgebühr nicht entstanden sein.[20]

 

Rz. 43

Andere Auffassungen bejahen die Einigungsgebühr mit der Anwendung von damals § 13 Abs. 4 BRAGO, heute § 15 Abs. 4 RVG, wonach es auf bereits entstandene Gebühren ohne Einfluss ist, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.[21] Diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen, da aufgrund Anfechtung die Nichtigkeit der Vereinbarung erfolgt und die Angelegenheit sich mit der Vereinbarung gerade nicht erledigt hat. Der mit der Einigung angestrebte Erfolg des Rechtsfriedens ist nicht eingetreten. Auch würde die Sanktionswirkung der Anfechtung verfehlt. § 142 BGB verdrängt insoweit § 15 Abs. 4 RVG.

 

Rz. 44

Bei Nichtigkeit der Vereinbarung, z.B. bei Scheingeschäften, § 117 BGB, Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB, oder Sittenwidrigkeit, § 138 BGB, ist der Einigungsvertrag von Anfang an nicht zustande gekommen, so dass auch in diesen Fällen die Einigungsgebühr nicht entstanden sein kann.[22]

[20] Thüringer OLG AGS 2012, 127 = JurBüro 2012, 142–143; OLG München AnwBl 1991, 273–274 = MDR 1991, 263.
[21] OLG Schleswig JurBüro 1991, 932–933; OLG Karlsruhe v. 24.3.1999 – 20 WF 19/99.
[22] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 1000 Rn 90 ff.

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