Rz. 53

Gem. § 802b Abs. 1 ZPO soll der GV in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein und gem. Abs. 2 kann der GV mit dem Schuldner eine Ratenzahlung vereinbaren, sofern der Gläubiger den Abschluss einer Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen hat. Das amtliche Formular für Vollstreckungsaufträge an den GV gibt dem Gläubiger bzw. dem RA des Gläubigers unter "E" die Möglichkeit, sich mit der Einziehung von Teilbeträgen in bestimmter Höhe oder nach dem Ermessen des GV einverstanden zu erklären oder unter "F" festzulegen, dass kein Einverständnis mit einer Zahlungsvereinbarung besteht.

 

Rz. 54

Der BGH hat bereits 2006[32] entschieden, dass es bei einem Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung durch den GV, auch wenn er vom RA beauftragt wurde, an der Mitwirkung des RA fehlt. Auch das LG Duisburg hat in seiner Entscheidung vom 12.8.2013 ausgeführt, dass die Zahlungsvereinbarung nicht auf Mitwirkung des RA, sondern aufgrund der Tätigkeit des GV geschlossen wurde. Die in dem zu entscheidenden Fall abgegebene Zustimmungserklärung des Gläubigervertreters zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung soll für das Zustandekommen der Vereinbarung unerheblich gewesen sein. Auch das "Nichtwidersprechen" zu dem vom GV aufgestellten Ratenplan sei keine Mitwirkung i.S. eines aktiven Tuns, das als Mitwirkung des RA ausgelegt werden könnte. Sinn und Zweck der Vergütungsvorschriften des RVG kann es nicht sein, eine Vergütung für eine bloße Untätigkeit zu schaffen.

 

Rz. 55

Die Auffassung, der RA wirke an der gütlichen Einigung nicht mir, kann nicht geteilt werden. Es kann nicht der Schluss gezogen werden, der RA war untätig, nur weil er der Ratenzahlungsvereinbarung des GV nicht widersprochen habe. Üblicherweise ist es doch so, dass sich der RA die Nachricht des GV gem. § 802b Abs. 3 ZPO über die getroffene Vereinbarung anschaut, prüft, ggf. mit dem Mandanten erörtert und dann zu der Entscheidung kommt, dass der Vereinbarung widersprochen wird oder nicht. Nur, weil es in § 802b Abs. 3 ZPO heißt "Widerspricht der Gläubiger unverzüglich, so wird der Zahlungsplan mit der Unterrichtung des Schuldners hinfällig …" und somit ein nach außen hin gerichtetes Tätigwerden nur beim Nichtzustandekommen der Vereinbarung erforderlich ist, kann unter diesem Gesichtspunkt erst recht nicht unterstellt werden, der RA habe an dem Abschluss der Vereinbarung nicht mitgewirkt. Wenn schon außerhalb der Zwangsvollstreckung über den GV die Prüfung und Beratung eines vorgelegten Einigungsvorschlages die Einigungsgebühr auslöst (Rdn 47 ff.), warum wird die Mitwirkung bei Vorlage der Einigung durch den Gerichtsvollzieher verneint?

Auch wenn der Gläubigervertreter bei Beauftragung des GV keine Erklärung zu § 802b ZPO abgibt, muss dies noch nicht heißen, dass der RA untätig war. Vor Beauftragung des GV wird der RA abgewogen und mit dem Auftraggeber erörtert haben, welche unterschiedlichen Antragsmöglichkeiten bestehen. Der RA kann dabei zu dem Ergebnis gekommen sein, erst einmal abzuwarten, ob der Schuldner überhaupt ein Ratenzahlungsangebot unterbreitet, um es dann zu prüfen und ggf. anzunehmen. Die anzustellenden Überlegungen können mit einer Untätigkeit des RA nicht gleichgesetzt werden, auch wenn sie nicht entäußert werden. Nicht selten macht der RA im Rahmen der Antragstellung sogar Vorgaben zur gütlichen Erledigung nach § 802b ZPO.

 

Rz. 56

Der BGH weist darauf hin, dass der GV nicht Vertreter des Gläubigers, sondern aufgrund des ihm verliehenen Amtes in Ausübung des staatlichen Vollstreckungsmonopols und damit in hoheitlicher Funktion tätig ist. Die für die Ratenbewilligung erforderliche Einwilligung des Gläubigers sei nur als Verfahrenserklärung des Gläubigers gegenüber dem GV zu werten. Hierin liegt in der Tat das Problem, dass als Voraussetzung zum Entstehen der Einigungsgebühr der Vertrag nicht mit dem Gläubiger geschlossen wurde. Danach ist das Entstehen einer Einigungsgebühr für den RA, wenn der GV die Ratenzahlungsvereinbarung trifft, nicht gegeben. Nicht nur im Gebühreninteresse, sondern auch wegen der Möglichkeit überschießender Vereinbarungen sollte deshalb vorrangig der Weg einer außergerichtlichen Einigung gesucht werden.

 

Rz. 57

 

Praxishinweise

Da der RA eine Einigungsgebühr nicht verdienen kann, wenn der GV die Ratenzahlungsvereinbarung abschließt, sollte der RA unter diesem Gesichtspunkt abwägen, ob er den GV überhaupt zum Abschluss einer Teilzahlungsvereinbarung ermächtigt oder dies ausschließt. Zumal der GV zweifelsfrei nicht die Möglichkeit hat, auch weitergehende Regelungen wie Sicherungsabtretungen oder verjährungsverlängernde Vereinbarungen zu treffen, um die Vereinbarung wesentlich werthaltiger zu gestalten.
Ggf. kann der Schuldner nach Aufnahme der Tätigkeit durch den GV und der Erkenntnis, dass die Zwangsvollstreckung nun gegen ihn läuft, durch einen Anruf oder ein Schreiben der Anwaltskanzlei dazu bewegt werden, die Teilzahlungsvereinbarung nebst weiteren Vereinbarungen unmittelbar mit dem RA abzuschließen.
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