Rz. 145

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in einem Urt. v. 25.1.2000[142] einen für die Praxis nicht unbedeutenden Wertermittlungsanspruch bei einer vom Erblasser verfügten sog. überquotalen Teilungsanordnung zugesprochen.

Zum Sachverhalt: Der verwitwete Vater hinterließ zwei Söhne, die er in einem notariellen Testament je hälftig zu seinen Erben eingesetzt hat. Darüber hinaus wies er im Wege einer Teilungsanordnung dem Sohn A ein Appartement und dem Sohn B eine Eigentumswohnung zu. Über einen Wertausgleich sagt das Testament nichts aus. Nach dem Erbfall haben die beiden Söhne gemäß der verfügten Teilungsanordnung einen Teilnachlassauseinandersetzungsvertrag geschlossen, d.h. auf A wurde das Appartement, auf B die Eigentumswohnung übertragen.

A verlangt nunmehr von B Wertausgleich und hat deshalb gegen B eine Stufenklage des Inhalts erhoben, dass der Wert der auf B übertragenen Eigentumswohnung durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ermittelt wird und derjenige Miterbe, der den höherwertigen Gegenstand erhalten hat, die Hälfte der Wertdifferenz an den anderen auszugleichen hat.

Die Klage war beim Landgericht in der Auskunftsstufe erfolgreich.

 

Rz. 146

Aus den Gründen:

Zitat

Dem Kläger steht aufgrund des notariellen Testaments (…) gem. § 2048 BGB ein Wertausgleich zu, den er im Wege der Stufenklage als Wertermittlungsanspruch geltend machen kann. (…) Es ist davon auszugehen (…), dass die beiden zugewiesenen Immobilien unterschiedlich werthaltig sind. In einem solchen Fall ist es durchaus denkbar, dass (…) der Erblasser nicht nur eine Teilungsanordnung, sondern bezüglich der Wertdifferenz ein Vorausvermächtnis treffen wollte.

Im vorliegenden Fall ist zu bedenken, dass das Testament von einem Notar verfasst wurde, dem der Unterschied zwischen einer Teilungsanordnung und einem Vorausvermächtnis aufgrund seiner beruflichen Erfahrung geläufig war. Die Wortwahl durch einen Notar hat ein solches Gewicht, dass ein abweichender Erblasserwille nicht anzunehmen ist. (…)

Die vom Erblasser getroffene Teilungsanordnung führt zu einem Anspruch des Kl. auf Wertausgleich. Dies ergibt sich einmal daraus, dass der Erblasser seine beiden Söhne ausweislich des Textes der notariellen Urkunde "zu gleichen Anteilen" als Vollerben eingesetzt hat. Weiterhin ist anerkannt, dass dann, wenn ein Erblasser zwei Grundstücke besitzt und diese durch Teilungsanordnungen zuweist, eine Erbeinsetzung zu gleichen Teilen erfolgt und nicht zu Quoten, die sich aus dem unterschiedlichen Wert der Grundstücke ergeben.[143] Es ist bereits zur Zeit der Errichtung des Testaments am 2.8.1990 konsolidierte höchstrichterliche Rechtsprechung gewesen, dass bei einem Schweigen des Testaments ein Wertausgleich vorzunehmen ist.[144]

 

Rz. 147

Das Gericht nimmt eine erbrechtliche Sonderverbindung zwischen den beiden Miterben an, aus der sich nach § 242 BGB ein Anspruch des Klägers auf Wertermittlung zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Wertausgleich ergebe. Dabei bleibt allerdings unklar, ob die Sonderverbindung allein aus dem Miterbenverhältnis abgeleitet wird, oder aus dem besonderen Rechtsverhältnis, das sich aus der Teilungsanordnung ergibt.

Die Wertermittlung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen habe "natürlich auf Kosten des Nachlasses zu erfolgen."

 

Rz. 148

Offen lässt die Entscheidung auch, auf welche Weise der Kläger selbst den Wert des auf ihn übertragenen Appartements hat feststellen lassen, denn für einen Wertausgleich kommt es auf die Werthaltigkeit beider Objekte an. Vermutlich – das kann man zwischen den Zeilen lesen – hatte er vorher schon für das auf ihn übertragene Objekt ebenfalls ein Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen eingeholt. Die dafür entstandenen Kosten müsste – folgt man dem LG Nürnberg-Fürth – ebenfalls der Nachlass tragen.

[142] LG Nürnberg-Fürth NJWE-FER 2000, 261 = ZErb 2001, 5 m. Anm. Krug.
[143] BayObLG FamRZ 1985, 312.
[144] BGH NJW-RR 1990, 391 = FamRZ 1990, 396; vgl. auch Siegmann, ZEV 1996, 47 ff.

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