Rz. 13

Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Prozessvergleich eine "Doppelnatur" hat. Zum einen führt er materiell-rechtlich zu einer Sachregelung in dem Sinne, dass durch ihn eventuell bestehende Ansprüche novelliert, d.h. neu geschaffen oder abgeändert werden. Daneben führt er prozessual zu einer Verfahrensbeendigung. Er entfaltet also nicht nur materiell-rechtliche, sondern auch prozessuale Folgen.

Andererseits entfaltet der Vergleich seine materiell-rechtliche Wirkung aber auch dann, wenn die prozessuale Wirkung wegen eines Formfehlers nicht zum Tragen kommt.

 

Beispiel:

A führt gegen B einen Prozess und fordert in diesem 20.000,00 EUR Schadensersatz für eine fehlerhafte Computeranlage, die der B geliefert hatte. B bestreitet die Fehler und behauptet, die Anlage erfülle sämtliche Spezifikationen, die gefordert gewesen seien. Nunmehr einigen sich A und B auf eine Lösung dahin, dass B zum Ausgleich aller Forderungen des A 10.000,00 EUR zahlt.

In diesem Fall haben die Parteien einen materiell wirksamen Vergleich geschlossen, der prozessual jedoch nicht wirksam ist, da er dem Gericht nicht angezeigt und nicht protokolliert worden ist. Das Gerichtsverfahren ist folglich nicht abgeschlossen. Da der Vergleich materiell-rechtlich wirkt, dringt der A mit seiner Klage nicht mehr durch. Der ehemalige Anspruch ist durch den Vergleich in einen Anspruch aus dem Vergleich in Höhe von 10.000,00 EUR geändert worden. A müsste daher die Klage in Höhe von 10.000,00 EUR für erledigt erklären und im Übrigen aus dem Vergleich klagen.

Anders wäre es, wenn A und B sich vor Gericht auf den oben beschriebenen Vergleich einigten und diesen Vergleich dann protokollieren ließen. In diesem Fall wäre das Verfahren beendet, zu entscheiden wäre nur noch über die Kosten.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge