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Die Zulässigkeit und Reichweite einer Rechtswahl bestimmt das Kollisionsrecht des Forums. Gegenwärtig bestehen aus der Sicht des deutschen Kollisionsrechts[98] die folgenden Rechtswahlmöglichkeiten geordnet nach Sachgebieten:[99]

Personenrecht:

Namensrecht für natürliche Personen (Art. 10 Abs. 2 und 3 EGBGB),
Gesellschaftsrecht (Wahl des Gründungsrechts, sog. Gründungstheorie).

Familienrecht:[100]

Eherecht (Allg. Ehewirkungen Art. 14 Abs. 1 EGBGB),
Ehegüterrecht (Art. 22 Abs. 1 EuGüVO),
Ehescheidung (Art. 5 Abs. 1 Rom III-VO),
Unterhalt (Art. 7 u. 8 HUP).

Erbrecht:

Wahl des Rechts der Staatsangehörigkeit (Art. 22 EuErbVO).

Schuldrecht:

Vertragsrecht (Art. 3 Rom I-VO,[101] Art. 27–37 EGBGB a.F.),
Ungerechtfertigte Bereicherung, GoA und Deliktsrecht gem. Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a Rom II-VO, Art. 42 S. 1 EGBGB. Danach ist eine Rechtswahl grundsätzlich nur nach Eintritt des Schadens zulässig. Indirekt wirkt sich eine vertragliche Rechtswahl auch auf die außervertraglichen Ansprüche aus.[102] Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. b der Rom II-VO kann bezogen auf das Delikts- und auf das Wettbewerbsrecht im kommerziellen Bereich auch vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses das anzuwendende Recht gewählt werden.[103] Für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums schließt Art. 8 Abs. 3 Rom II-VO die Rechtswahl aus, doch kann der Rechteinhaber das anwendbare Recht durch Wahl des Staates bestimmen, für den der Schutz in Anspruch genommen wird (Schutzlandprinzip).[104]
[98] Andere Länder eröffnen z.T. wesentlich weiter gehende Wahlmöglichkeiten. Im Falle einer Verweisung auf ein solches großzügigeres ausländisches Internationales Privatrecht können die dortigen Wahlmöglichkeiten genutzt werden, v. Bar/Mankowski, Bd. 1, § 7 Rn 74.
[99] Im Internationalen Sachenrecht ist eine Rechtswahl nicht ausdrücklich vorgesehen. Eine gleichwohl erfolgte Rechtswahl wird aber als Indiz für eine wesentlich engere Verbindung zugunsten des gewählten Rechts gewertet (Art. 46 EGBGB), v. Bar/Mankowski, Bd. 1, § 7 Rn 72. Nicht weiter behandelt werden hier die Art. 10 Abs. 2–4 (Namenswahl), Art. 14 Abs. 24 EGBGB (allg. Ehewirkungen) sowie die gesellschaftsrechtliche Fremdrechtsgründung (zur Gründung von Auslandsgesellschaften im Inland vgl. MüKo-BGB/Kindler, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn 516 ff.).
[100] Zu den Rechtswahlmöglichkeiten und den damit verbundenen Risiken bei Ehevereinbarungen: Rieck, NJW 2014, 257.
[101] Vom Anwendungsbereich sind die in Art. 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 Rom I-VO genannten Materien ausgenommen. Die Rom I-VO gilt insbesondere nicht für Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrages einschlägig. Die "culpa in contrahendo" als deliktisches oder vertragliches Schuldverhältnis ist von Art. 12 Rom II-VO erfasst.
[102] Besteht zwischen den Parteien auch ein Vertrag mit einer Rechtswahlvereinbarung, unterstehen die gesetzlichen Tatbestände ebenso dem gewählten Recht (Art. 4 Rom II-VO Abs. 3 S. 2); NomosK-BGB/Lehmann, Art. 4 Rom II-VO Rn 165.
[103] G. Wagner, IPRax 2008, 1; Junker, NJW 2007, 3675, 3677.
[104] MüKo-BGB/Drexl, Art. 8 Rom II-VO Rn 12 f.

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