Rz. 87

Die Versicherungssumme ist Prämienbemessungsgrundlage und gleichzeitig Entschädigungsgrenze. Im Sinne des Vollwertprinzips ist sie Maßstab für die Intensität des Versicherungsschutzes (§ 75 VVG). Mit der Ermittlung des Versicherungswertes ist es zur Feststellung der Versicherungssumme notwendig, dass den zukünftigen Entwicklungen des Betriebs Rechnung getragen wird.

 

Rz. 88

Die Bildung der Versicherungssumme muss unter Beachtung zukünftiger Erträge vorgenommen werden, so dass sie dem Versicherungswert als Zukunftsgröße entspricht.[83] Die Berücksichtigung von Ertragsprognosen führt zwangsläufig dazu, dass Schätzungen zur Bildung der Versicherungssummen notwendig sind.

 

Rz. 89

Zur Vereinfachung und Unterstützung der Summenermittlung sind zwei Systeme geschaffen worden, die einen tatsächlichen Versicherungswert und eine ausreichende Versicherungssumme realisieren sollen, nämlich:[84]

die Staffelmethode nach dem Abrechnungsbogen von Ludolphy und Henke, welche zur Ermittlung die versicherten Kosten und den Betriebsgewinn addiert, und
die Subtraktionsmethode nach dem Schema des GDV, die zur Ermittlung die Betriebserträge ermittelt und davon die nicht versicherten Kosten subtrahiert.

In der Praxis wird überwiegend die Subtraktionsmethode mit dem Schema des GDV als System verwandt. Sowohl Versicherungsunternehmen als auch Versicherungsmakler übernehmen das Schema oftmals unverändert für die eigenen Summenermittlungsbögen. Das aktuelle Summenermittlungsschema[85] berücksichtigt und gliedert in tabellarischer Form die Positionen, die zur Ermittlung der Versicherungssumme notwendig sind. Durch den dortigen Verweis auf das Bilanzrichtliniengesetz, wird die Relevanz des HGB und die Legitimation der direkten Entnahme einzelner Daten aus der entsprechenden GuV offenkundig.

 

Rz. 90

Die weitgehende Harmonie der Legaldefinition der Umsatzerlöse gemäß § 277 Abs. 1 HGB a.F. mit der Umsatzdefinition des Summenermittlungsschemas[86] bereitet sodann aber erste Probleme, welche mit der Änderung durch das am 23. Juli 2015 in Kraft getretene Bilanzrichtlinienumsetzungsgesetzes (BiLRUG) einhergehen und sich mit der damit u.a. verbundenen neuen Definition der Umsatzerlöse konkretisieren.[87]

Durften bisher nur Erlöse aus den für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaften typischen Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen als Umsatzerlöse ausgewiesen werden, gelten nunmehr alle Erlöse als Umsatzerlöse, wenn sie aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten[88] sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen resultieren. Zudem sind sonstige mit dem Umsatz verbundene Steuern in Abzug zu bringen.

 

Rz. 91

Die fehlende Einschränkung der Tatbestandsmerkmale "gewöhnliche Geschäftstätigkeit" sowie der "typischen Erzeugnisse, Waren und Dienstleistungen" führt dazu, dass eine Vielzahl von Erlösen, die bisher als sonstige betrieblichen Erträge auszuweisen waren, nunmehr auch unter den Umsatzerlösen zu erfassen sind, so z.B. gelegentliche Dienstleistungen, die aus der vorübergehenden Überlassung eigener, nicht voll beschäftigter Arbeitnehmer resultieren[89] und somit im Ergebnis eine Ausweitung des Definitionsbereiches der Umsatzerlöse erzielt wurde.

 

Rz. 92

Weitere relevante Änderungen durch das BiLRUG in diesem Umfeld sind, dass die GuV nicht mehr das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ausweist und die Positionen der außerordentlichen Erträge und Aufwendungen weggefallen sind.[90] Die außerordentlichen Erträge finden sind sich nunmehr unter den Posten der sonstigen betrieblichen Erträge und vereinzelt unter den Umsatzerlösen wieder, die außerordentlichen Aufwendungen unter den konkreten Aufwandsarten wie z.B. Materialaufwand oder den sonstigen betrieblichen Aufwendungen.

 

Rz. 93

Durch diese Änderungen ergeben sich weitergehende und nachstehende Konsequenzen für den aktuellen Summenermittlungsbogen selbst sowie seine Anwendung.

Auf die Umsatzerlöse der handelsrechtlichen GuV kann nicht mehr zurückgegriffen werden, um S. 2 Ziff. 1 des Summenermittlungsbogens sachgerecht und i.S. der FBUB 2010 zu erfassen, da die FBUB 2010 nur den betriebszweckbezogenen Wertzuwachs versichern. Vielmehr sind nun die Daten des Erläuterungsteils der GuV oder des internen Rechnungswesens dafür unentbehrlich, um hier keine Umsatzleistungen zu berücksichtigen, die neutrale Erträge darstellen, die nicht versicherbar sind.

Die Notwenigkeit der Änderung ergibt sich auch für S. 2. Ziff. 4 des Summenermittlungsschemas und der dort nur nach Vereinbarung versicherbaren sonstigen betrieblichen Erträge. Die hier beispielhaft aufgeführten sonstigen betrieblichen Erträge aus dem Betreiben von Werkskantinen, Betriebsleistungen für Dritte usw. werden jetzt allesamt nicht mehr unter den sonstigen betrieblichen Erträgen, sondern unter dem Posten Umsatzerlöse erfasst. Die nunmehr unter den sonstigen betrieblichen Erträgen, § 275 HGB, Posten 4, auszuweisende Erträge sind vollumfänglich nicht mehr versicherbare Erträge i.S.d. FBUV.

Der damit verbu...

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