A. Vorbemerkungen

 

Rz. 1

Leistet der Unterhaltsschuldner den geforderten Unterhalt nicht freiwillig und vollständig, soll der bestehende Unterhaltsanspruch letztlich zwangsweise durchgesetzt werden. Hier sind die folgenden Phasen zu unterscheiden:

die vorgerichtliche Vorgehensweise,
die gerichtliche Geltendmachung und
die Vollstreckung.
 

Rz. 2

Eine korrekte vorgerichtliche Aufforderung ist unverzichtbar, damit später

auch Unterhaltsrückstände durchgesetzt werden können (Verzug!) und
der Antragsgegner bei freiwilligen Zahlungen im späteren gerichtlichen Verfahren nicht in ein – für die Antragstellerin kostenschädliches – sofortiges Anerkenntnis erklären kann.
 

Rz. 3

Werden freiwillige Unterhaltszahlungen geleistet, sind Besonderheiten zu beachten.

Das Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens (Hauptsacheverfahren oder einstweilige Anordnung) ist ein Titel über Unterhalt, der ggf. vollstreckt werden muss.
Bei einem bestehenden Titel stellt sich die Frage der Abänderung.
Bei verzögerter Durchsetzung einer Unterhaltsforderung kann Verwirkung und Verjährung drohen.

B. Vorgerichtliche Maßnahmen zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen

I. Korrekte vorgerichtliche Aufforderung zur Zahlung, Mahnung, Verzug

1. Hohe wirtschaftliche Bedeutung des Verzugs

 

Rz. 4

Beim Unterhalt geht es um Forderungen von nicht unbeträchtlicher Höhe, die jeden Monat neu fällig werden. Rückstände können aber nur unter bestimmten Voraussetzungen gerichtlich durchgesetzt werden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, führt dies also dazu, dass die komplette monatliche Forderung – u.U. für einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten – nicht mehr geltend gemacht werden kann. Diese – streng auszulegenden – Regelungen sollen den Unterhaltspflichtigen nämlich vor hohen Nachforderungen schützen, auf die er sich nicht in seiner Lebensführung eingerichtet hat, weil er vom Unterhaltsberechtigten nicht in Anspruch genommen wurde.

Diese Regeln für die rückwirkende Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen und die sich die daraus ergebenden Konsequenzen werden leider in der Praxis zu wenig beachtet. Dabei kann gerade beim Unterhalt als Dauerschuldverhältnis der Verzug erhebliche wirtschaftliche Bedeutung erlangen.[1]

 

Rz. 5

Beim Unterhalt geht es um Forderungen von nicht unbeträchtlicher Höhe, die jeden Monat neu fällig werden. Ist kein Verzug herbeigeführt worden, führt dies dazu, dass die komplette monatliche Forderung – u.U. für einen längeren Zeitraum – nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Wirtschaftlich gesehen ist es daher lohnend,

sich als Verfahrensbevollmächtigter des Unterhaltspflichtigen intensiv mit der Frage zu beschäftigen, ob der Gegner den eigenen Mandanten überhaupt wirksam in Verzug gesetzt hat und wann dies genau geschehen ist.
als Verfahrensbevollmächtigter des Unterhaltsberechtigten große Sorgfalt darauf zu verwenden, hier selbst keine Fehler zu machen, also den Pflichtigen rechtzeitig in Verzuwg zu setzen. Denn hier lauern zahlreiche Fallstricke. Fehler werden meist erst später im Verfahren mit erheblicher zeitlicher Verzögerung aufgedeckt und sind nicht reparierbar.
 

Rz. 6

 

Praxistipp:

Werden hier vom Anwalt der Unterhaltsberechtigten Fehler gemacht, ist ein Anwaltsregress kaum noch abzuwenden.[2]

[1] Zum Verzug im Unterhaltsrecht siehe Viefhues, FuR 2012, 374; Viefhues, FuR 2016, 451; Born, FPR 2013, 513; Keuter, FamRZ 2009, 1024.
[2] Zur Haftung des Anwaltsbei unterlassenen Maßnahmen zur Begründung des Verzuges siehe LG Lübeck, Urt. v. 8.12.2016 – 14 S 60/16, juris; dazu ausführlich Viefhues, FPR 2013, 541 m.w.N.

2. Voraussetzungen für die rückwirkende Durchsetzung von Unterhalt

 

Rz. 7

Unterhalt kann rückwirkend seit einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit nur dann durchgesetzt werden, wenn entweder

der Unterhaltspflichtige durch Mahnung in Form einer bezifferten Zahlungsaufforderung in Verzug gesetzt (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB),
eine Auskunftsaufforderung gem. § 1613 BGB an den Unterhaltspflichtigen erfolgt ist oder

der Zahlungsanspruch rechtshängig gemacht worden ist (§ 261 ZPO); dies geschieht

durch Einreichung einer Antragsschrift bei Gericht
mit einem bezifferten Zahlungsantrag und
dessen Zustellung an den Verfahrensgegner.
 

Rz. 8

 

Praxistipp:

Das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die rückwirkende Geltendmachung hat der Anspruchsteller darzulegen und ggf. zu beweisen.[3]

 

Rz. 9

Die – streng auszulegenden – Regelungen dienen dem Schuldnerschutz. und haben also eine Warnfunktion für den Unterhaltsschuldner. Er soll Gelegenheit erhalten, vorsorglich Geld zurückzulegen für die später bezifferte Forderung.[4] Verlässt er sich trotz einer solchen "Vorwarnung" darauf, dass der Unterhaltsanspruch nicht besteht, handelt er auf eigenes Risiko und ist deshalb nicht schutzwürdig. Vom Unterhaltsberechtigten verlangt das Gesetz folglich, bestimmte rechtswahrende Handlungen vorzunehmen; andernfalls erlischt sein Unterhaltsanspruch für den zurückliegenden Zeitraum.

 

Rz. 10

 

Praxistipp:

Eine Korrektur dieser Versäumnisse durch spätere Handlungen ist nicht möglich!
Eine Ausnahme macht das Gesetz in § 1613 Abs. 2 Nr. 2 BGB für Sonderbedarf, der ohne vorherige Inverzugsetzung geltend gemacht werden kann. Sonderbedarf ist ein unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf, der nur dann...

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