aa) Formale Anforderungen

 

Rz. 12

In der Praxis stellt sich regelmäßig die Frage nach Umfang und Inhalt der geschuldeten Rechnungslegung, da hiervon abhängt, ob der Erfüllungseinwand gem. § 362 Abs. 1 BGB greift. In Literatur und Rechtsprechung findet sich hierzu die – wenig hilfreiche – Aussage, Umfang und Inhalt der geschuldeten Rechnungslegung hingen vom Einzelfall, insbesondere vom Gegenstand des Auftrags ab.[31] Da durch eine ordnungsgemäße Rechnungslegung der Rechnungslegungsanspruch erfüllt wird, der Anspruch also erlischt (§ 362 BGB), kommt der Frage nach den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungslegung vor allem für gerichtliche Auseinandersetzungen entscheidende Bedeutung zu. Folgende Grundsätze sind hier maßgeblich:

Die Rechnungslegung muss in formaler Hinsicht eine

zweckmäßige
übersichtliche und
in sich verständlich aufgegliederte

Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben ausweisen. Neben der Pflicht, die Einnahmen und Ausgaben darzulegen, gehört zu einer formal ordnungsgemäßen Rechnungslegung "in verständlicher Form" daher auch die Erläuterung, Nachweisung und Begründung der Auftragsabwicklung.[32]

 

Rz. 13

Solange die Rechnungslegung diesen Formalanforderungen nicht genügt, liegt keine Erfüllung vor.[33] Der Verpflichtete kann sich somit nicht darauf beschränken, Unterlagen vorzulegen, aus denen sich der Berechtigte dann die notwendigen Informationen erst heraussuchen muss.[34] Es geht bei der Rechnungslegung darum, aufzuzeigen, wie sich der verwaltete Vermögensbestand entwickelt hat.[35] Sprich: Als Mindesterfordernis muss die Rechnungslegung einen Anfangsbestand zum Zeitpunkt des Beginns der "Verwaltung" und einen Endbestand bei Beendigung der Verwaltungstätigkeit ausweisen.

 

Rz. 14

 

Beispiel

Der Vorsorgebevollmächtigte übernimmt zum 1.1. auch die Verwaltung der Bankkonten und Wertpapierdepots des Vollmachtgebers. Der Bevollmächtigte beendet seine Tätigkeit drei Jahre später zum 31.12. und gibt auch die Vollmachtsurkunde zu diesem Stichtag an den Vollmachtgeber heraus. Für eine formal ordnungsgemäße Rechnungslegung wird der Bevollmächtigte neben den Einnahmen und Ausgaben vor allem den Anfangs- und den Endbestand der verwalteten Konten zum Stichtag 1.1. und zum Stichtag 31.12. ausweisen müssen, um die Vermögensentwicklung in der Zeit der Verwaltungstätigkeit nachvollziehbar zu machen.

 

Rz. 15

Der Begriff der "Verwaltung" i.S.d. § 259 Abs. 1 S. 1 BGB ist dabei weit auszulegen und umfasst nicht nur eine fortlaufende Verwaltung. Eine "Verwaltung" im vorgenannten Sinne liegt auch vor, wenn in einer erheblichen Anzahl von Fällen und aufgrund eines jeweils besonders gegebenen Auftrags Geschäfte geführt werden, die mit Einnahmen oder Ausgaben verbunden sind.[36]

 

Rz. 16

Soweit Rechenschaft über "Einnahmen" zu legen ist, sind damit nicht nur Geldeinnahmen gemeint. Der Begriff der Einnahmen ist ebenfalls weit zu verstehen und umfasst insbesondere auch Forderungen und Rechte oder den durch den Kundenbestand ausgewiesenen "good will" eines Geschäfts.[37] Entsprechend gilt für den Ausgabenbegriff, dass hier nicht nur Geldauslagen aus Eigenmitteln des Auftragnehmers zu erfassen sind.[38] Ausgaben in diesem Sinne können auch sonstige Vermögensabflüsse aus dem verwalteten Vermögen sein, wie etwa Forderungserlasse, Schuldanerkenntnisse o.Ä.

 

Rz. 17

Eine ordnungsgemäße Rechnungslegung erfordert eine Gegenüberstellung des Anfangsbestands der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu Beginn der Abrechnungsperiode auf der einen Seite und des Endbestands zum Stichtag des Endes der Abrechnungsperiode auf der anderen Seite, damit die Vermögensentwicklung innerhalb der Abrechnungsperiode ohne weitere Erläuterungen nachvollzogen werden kann (siehe oben Rdn 13). Soweit Belege vorzulegen sind, müssen sie der jeweiligen Aufstellung zugeordnet und geordnet und übersichtlich zusammengestellt sein.[39]

[31] Vgl. MüKo-BGB/Schäfer, § 666 Rn 27.
[32] Staudinger/Martinek/Omlor, § 666 Rn 14; Horn/Schabel, NJW 2012, 3473, 3474 mit Verweis auf OLG München, Schlussurteil v. 20.6.2012 – 3 U 114/12, BeckRS 2012, 14122 (dort Ziff. II. Nr. 1).
[33] MüKo-BGB/Krüger, § 259 Rn 24.
[34] MüKo-BGB/Krüger, § 259 Rn 23 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 23.11.1981 – VIII ZR 298/80, NJW 1982, 573, 574 und BGH, Urt. v. 4.7.1985 – III ZR 144/84, NJW 1985, 2699, 2700.
[35] Grüneberg/Grüneberg, § 259 Rn 8; OLG Köln, Urt. v. 17.2.1989 – 20 U 103/88, NJW-RR 1989, 528.
[36] Staudinger/Bittner/Kolbe, § 259 Rn 24 mit Verweis auf OLG Neustadt v. 16.10.1964 – 1 U 142/64, MDR 1965, 293.
[37] Staudinger/Bittner/Kolbe, § 259 Rn 24.
[38] Staudinger/Bittner/Kolbe, § 259 Rn 24.
[39] MüKo-BGB/Krüger, § 259 Rn 23.

bb) Einwendungen des Bevollmächtigten

 

Rz. 18

Gegen den Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung kann der Bevollmächtigte ggf. einwenden, dass der Vollmachtgeber hierauf nachträglich verzichtet hat. Der Verzicht (Erlass) kann insoweit ausdrücklich oder auch konkludent erfolgt sein.[40]

 

Rz. 19

Weiterhin kann der Bevollmächtigte im Einzelfall einwenden, dass die Geltendmachung der Ansprüche nach § 666 BGB gegen Treu und Glauben vers...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge