aa) Durchsetzung bzw. Wiederherstellung mobbingfreier Beschäftigung

 

Rz. 1238

Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beseitigung der mobbingbedingten Arbeitserschwernisse, z.B. die Wiederbeschäftigung an der arbeitsvertraglich geschuldeten Stelle und mit dem arbeitsvertraglich geschuldeten Inhalt, soweit die Beschäftigung durch mobbinggeprägte Arbeitsplatz- oder Arbeitsinhaltsgestaltung vollzogen wurde oder ein mobbingbedingter Totalentzug der Arbeit durch Beurlaubung, Suspendierung oder Kündigung vorliegt. Soweit dieses Rechtsschutzziel auch in der Form eines auf die Unterbindung zukünftigen Mobbings gerichteten Unterlassungsanspruches verfolgt werden kann, besteht grds. eine Wahlmöglichkeit (vgl. LAG Thüringen v. 10.4.2001, NZA-RR 2001, 353). Rechtsgrundlage ist der nach §§ 611, 242 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG bestehende vertragliche Anspruch auf persönlichkeitsrechtsverletzungsfreie Beschäftigung. Ein solcher Beseitigungsanspruch kann grds. aber auch in analoger Anwendung auf §§ 12, 862, 1004 BGB gestützt oder als auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gerichteter Schadensersatzanspruch nach §§ 823, 249 BGB geltend gemacht werden. Die praktische Bedeutung der letztgenannten Anspruchsgrundlagen dürfte angesichts der aus dem Arbeitsvertrag selbst bestehenden Durchsetzungsmöglichkeit eher gering sein. Die Beseitigung der mobbingbedingten Arbeitserschwernisse erfordert es grds., dass der gemobbte Arbeitnehmer bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses keine Benachteiligung wegen Abwehr der Mobbingangriffe erfährt oder deshalb, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat (vgl. insoweit Rdn 1223 ff.).

 

Rz. 1239

Ob der gemobbte Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, dass ihm der Arbeitgeber einen seiner Leistungsfähigkeit und Stellung entsprechenden Arbeitsplatz anbietet, der im Hinblick auf die Tätigkeit und Vergütung mit seinem innegehaltenen Arbeitsplatz vergleichbar ist und an dem eine berufliche Weisungsgebundenheit ggü. seinem mobbenden Vorgesetzten nicht besteht, muss im Einzelfall entschieden werden. Die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht findet ihrer Grenzen darin, dass der Arbeitgeber keine Maßnahmen ergreifen muss, die ihm unmöglich oder unzumutbar sind (vgl. BAG v. 25.10.2007, NZA 2008, 223, das annimmt, ein gemobbter Oberarzt die Zuweisung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes, an dem er den Weisungen des vorgesetzten Täters nicht mehr untersteht, nur verlangen kann, wenn ein solcher Arbeitsplatz vorhanden ist. Der Arbeitgeber dürfe die Einrichtung einer neuen, eigenen Abteilung aufgrund des arbeitsvertraglichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ablehnen).

bb) Ersatz mobbingbedingter Vermögensschäden

 

Rz. 1240

Zu der Beseitigung der einem Arbeitnehmer entstehenden Mobbingfolgen gehört aber auch der Ersatz jeglicher Art von Schäden, die er infolge des Mobbings erleidet. In erster Linie geht es dabei um Schäden, die daraus entstehen, dass er aufgrund mobbingbedingter Gesundheitsbeeinträchtigung seine vertragsgemäßen Arbeitsleistungen nicht erbringen kann. Verfügt er aufgrund eingetretener Arbeitsunfähigkeit oder gar Erwerbsunfähigkeit nicht mehr über das arbeitsvertraglich geschuldete Gehalt, dann besteht der ihm entstandene finanzielle Schaden zunächst einmal in der Einkommensdifferenz seines Gehaltes zu den von den Sozialversicherungsträgern gezahlten Leistungen. Auch zukünftige Nachteile für Erwerb oder Fortkommen sind zu ersetzen (hierzu Grüneberg/Thomas, BGB, § 842 Rn 1 ff.). Bei Ausschaltung von Konkurrenten auf eine Beförderungsstelle durch Mobbinghandlungen kommt unter der Voraussetzung eines entsprechenden Kausalzusammenhangs der Nichteintritt des mit der Beförderung verbundenen Mehrverdienstes als Schaden in Betracht. Zu den bei gesundheitsverletzendem Mobbing zu ersetzenden Schäden gehören naturgemäß auch die Kosten für die erforderliche Heilbehandlung oder die gesundheitliche oder berufliche Rehabilitation. Die Nichtzahlung des (vollen) Arbeitsentgeltes führt i.d.R. zu weiteren Folgeschäden, wenn der gemobbte Arbeitnehmer deshalb seine privaten Verpflichtungen (Kreditverträge, Miete, Unterhalt etc.) nicht mehr erfüllen kann. Auch diese je nach den Umständen schnell hohe Summen annehmenden Schäden unterliegen der mobbingbedingten Schadensersatzpflicht. Allerdings kann eine bereits gezahlte, außergewöhnlich hohe Abfindung bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld zu berücksichtigen sein (LAG Köln v. 13.1.2005, NZA-RR 2005, 575).

cc) Geldentschädigung

 

Rz. 1241

Weiter kommt, wie bei allen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, auch bei Mobbing die Zahlung einer billigen Entschädigung in Geld in Betracht. Dieser Anspruch wird nach der Rspr. (BVerfG v. 8.3.2000, NJW 2000, 2187; BGH v. 15.11.1994, BGHZ 128, 1, 15) nicht mehr auf eine Analogie zu § 847 BGB a.F. (ab 1.8.2002: § 253 Abs. 2 BGB), sondern auf eine dem Schutzauftrag der Art. 1 und 2 GG entsprechende Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB gestützt. Er wird deshalb gewährt, weil bei Fehlen einer entsprechenden Sanktion ansonsten kein wirkungsvoller Rechtsschutz gegen Verletzungen der Persönlichkeit des Menschen bestünde. Dem von Verfassungs wegen erforder...

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