a) Sachliche Beschränkung

 

Rz. 47

Nicht jeder Notar darf einen Vertrag für jedwede Person beurkunden.

Das Beurkundungsgesetz sieht ein abgestuftes System der Tätigkeitsbeschränkungen eines Notars vor:

1. Absolute Ausschließungsgründe, §§ 6, 7 BeurkG, die eine Unwirksamkeit der Beurkundung nach sich ziehen;[16]
2. Mitwirkungsverbote, § 3 Abs. 1 BeurkG, die nicht als Muss-, sondern als Sollvorschrift ausgestaltet sind;
3. Ablehnungsrechte der Beteiligten, § 3 Abs. 2, 3 BeurkG, die ausnahmsweise eine Beurkundung mit Einverständnis der Beteiligten zulassen;
4. Die Selbstablehnung des Notars wegen Befangenheit, § 16 Abs. 2 BnotO, z.B. aufgrund persönlicher Beziehungen oder Vorbehalten wegen Unparteilichkeit.[17]
 

Rz. 48

Handelt ein Ehegatte, Lebenspartner oder ein in gerader Linie Verwandter gem. § 6 BeurkG als Beteiligter, ist die Beurkundung unwirksam. Der Begriff der Beteiligung ist dabei im formellen Sinne zu verstehen. Ist derjenige, der das zu beurkundende Rechtsgeschäft abschließt, durch einen Dritten vertreten, ist der Vertreter formell beteiligt.[18] Ist jedoch nur eine Nebenvereinbarung im Vertrag enthalten, z.B. eine Maklerlohnklausel, ist die Partei der Nebenvereinbarung, also z.B. der Makler, in der Regel nicht Beteiligter i.S.d. § 6 Abs. 2 BeurkG.[19]

 

Rz. 49

 

Hinweis

Im Gegensatz zu § 6 BeurkG geht § 3 BeurkG vom materiellen Beteiligungsbegriff aus; daher ist in § 3 BeurkG nicht von "Person", sondern von "Angelegenheit" die Rede.[20]

[16] Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 11.10.2012 – I-15 W 265/11, jurionRS 2012, 29849.
[17] LG Stuttgart, Beschl. v. 26.1.2009 – 1 AR 1/09; jurionRS 2009, 43372; vgl. dazu Miehm, DNotZ 1999, 8; Harborth/Lau, DNotZ 2002, 412.
[18] Winkler, § 6 Rn 5.
[19] BGH NJW-RR 1991, 820.
[20] Winkler, § 3 Rn 2.

b) Verwandtschaft und Schwägerschaft

 

Rz. 50

Namentlich für die Frage der Ausschließung des Notars nach §§ 6, 7 BeurkG und die Frage des Mitwirkungsverbots nach § 3 BeurkG spielt häufig der Grad der Verwandtschaft des Notars mit Beteiligten eine Rolle.

Wer mit wem, mit welchem Grad und in welcher Linie verwandt oder verschwägert ist, wird manchmal nicht so einfach zu beantworten sein.

Verwandtschaft nach § 1598 BGB entsteht durch Abstammung im Rechtssinn. Auf die genetische Abstammung kommt es nur dort an, wo diese vom Zweck der Vorschrift her maßgeblich ist (Beischlaf unter Verwandten, § 173 StGB, Eheverbot, § 1307 BGB).

 

Rz. 51

 

Beispiel

F hat durch Samenspende eine Tochter T empfangen und zur Welt gebracht. Als deren Vater gilt der Ehemann der F. Die Samenspende hat ein guter Freund des Ehepaares vorgenommen. Dieser will Jahre später die T heiraten.

 

Rz. 52

Diese Eheschließung ist untersagt.[21] Ebenso wenig dürfte nach dem Tod der Ehefrau im vorgenannten Beispiel der Ehemann, dessen Vaterschaft nicht angefochten wurde, die Tochter trotz fehlender Blutsverwandtschaft ehelichen, weil die rechtliche und die genetische Verwandtschaft für § 1307 BGB gleich stehen.[22]

 

Rz. 53

Verwandtschaft im Rechtssinne kann auch ohne jegliche genetische Beziehung entstehen, beispielsweise durch die Bestimmung des § 1592 Nr. 1 BGB, ein unrichtiges Vaterschaftsanerkenntnis oder eine unrichtige gerichtliche Feststellung der Vaterschaft.

 

Rz. 54

Ebenso ist es für die Frage der Verwandtschaft im Regelfall unerheblich, ob ein Kind innerhalb oder außerhalb der Ehe geboren wird. Zu beachten sind aber Unterschiede z.B. beim Sorgerecht, §§ 1626 ff BGB oder Namensrecht (§ 1617a BGB).

 

Rz. 55

Verwandtschaft in gerade Linie

Personen, von denen eine – unmittelbar oder mittelbar – von der anderen abstammt, sind Verwandte in gerade Linie, § 1589 S. 1 BGB. Verwandtschaft in gerader Linie besteht also zwischen Eltern und ihren Kindern ebenso wie zwischen Großeltern und Enkeln.

Verwandtschaft in der Seitenlinie

Stammen zwei nicht in gerade Linie miteinander verwandte Personen von derselben dritten Person ab, so sind sie in der Seitenlinie miteinander verwandt. Die gilt für Vollgeschwister ebenso wie für Halbgeschwister. Verwandtschaft in der Seitenlinie besteht aber auch zwischen einem Kind den Geschwistern eines Enkelteils (Onkel/Tante) oder den Geschwistern eines Großelternteils (Großonkel/Großtante) oder zwischen einem Kind und den Kindern der Geschwister eines Elternteils (Cousin/Cousine).

 

Rz. 56

Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten, § 1589 S. 3 BGB. Maßgeblich ist mithin die Zahl der Personen, die im Abstammungsgefüge die Verbindung zwischen den betroffenen Verwandten herstellen, wobei der Abstammende selbst nicht mitgezählt wird.[23] Verwandte in der Seitenlinie ersten Grades gibt es nicht.[24]

 

Rz. 57

 

Beispiele

Sohn und Vater sind Verwandte in gerade Linie ersten Grades, Enkel und Großvater Verwandte in gerade Linie zweiten Grades. Nichte und Tante sind Verwandte in der Seitenlinie dritten Grades, Bruder und Schwester Verwandte in der Seitenlinie zweiten Grades.

 

Rz. 58

Schwägerschaft ist das Rechtsverhältnis zwischen einem Ehegatten/Lebenspartner und den Verwandten des anderen Ehegatten/Lebenspartners, §§ 1590 Abs. 1 S. 1 BGB, 11 Abs. 2 LPartG. ...

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