Rz. 21

Die Wohnung sollte im Interesse der Sicherung des Nachlasses schnellstmöglich aufgesucht werden. Möglicherweise haben unbekannte Personen Zugang. Oft stellt sich zu Beginn das Problem, dass kein Schlüssel für die Wohnung vorhanden ist.

Manchmal wird der Wohnungsschlüssel auch beim Nachlassgericht abgegeben; dann bekommt der Nachlasspfleger den Schlüssel bei der Verpflichtung ausgehändigt. Ebenso kann es in dem Fall, dass der Tod des Erblassers auf unnatürliche Weise eingetreten oder ungeklärt ist, sein, dass der Schlüssel beim Ordnungsamt oder der Polizei aufbewahrt wird und die Wohnung versiegelt ist (das Siegel darf vom Nachlasspfleger aufgebrochen werden; dieses sollte aber besser kurzfristig mit der Stelle abgestimmt werden, die das Siegel angebracht hat). Ist der Erblasser im Krankenhaus verstorben, könnte dort ein Schlüssel verwahrt worden sein. Oft haben auch Pflegedienste, Putzfrau, Gärtner, Lebensmittellieferant, Menüdienst, Hausnotrufdienst oder (nicht erbberechtigte) Angehörige, Nachbarn, Freunde, Bekannte einen Schlüssel oder der Vermieter einen Zweitschlüssel. Deshalb sollte der Nachlasspfleger zur Sicherung des Nachlasses schnellstmöglich alle Schlüssel in seinen Besitz bringen. Ist unklar, ob alle Schlüssel bekannt sind, sollte dafür gesorgt werden, dass (zumindest vorübergehend) ein neuer Schließzylinder eingebaut wird. Stellt sich heraus, dass überhaupt kein Schlüssel greifbar ist, muss ein Schlosser/Schlüsseldienst zum Aufbruch und anschließender Sicherung bestellt werden. Dazu sollte am besten mit einem ortsansässigen Schlosser ein kurzfristiger Termin vereinbart werden. Vorsicht vor Schlüsseldiensten, die in Zeitungen oder Branchenverzeichnissen häufig groß werben. Auch wenn es oft schnell gehen muss – es sind viele unseriöse Schlüsseldienste am Markt. Diese berechnen für eine Türöffnung oft Kosten von mehreren hundert Euro. Ein normaler Schlossereibetrieb hätte vielleicht 100 EUR berechnet.

 

Rz. 22

Solange die Nachlasswohnung nicht geräumt ist, empfiehlt es sich, die Wohnung nicht allein zu betreten. Es ist gut, als Zeugen einen Kollegen, Mitarbeiter etc. mitzunehmen (Vier-Augen-Prinzip). So kann vermieden werden, späteren Vorwürfen ausgesetzt zu sein. Häufig wird dem Nachlasspfleger aus der Nachbarschaft auch mit Misstrauen begegnet, da der Nachlasspfleger sich als Fremder im Haus aufhält. Oft ist es besser, sich kurz vorzustellen und zu sagen, was geschieht. Häufig ergeben sich durch Nachbarn auch wertvolle Hinweise für die Bearbeitung des Falles oder auf Verwandte des Erblassers.

 

Rz. 23

Die Durchsicht evtl. vorhandener Keller- oder Bodenräume sollte nicht vergessen werden. Auch in diesen Räumen können sich Wertsachen befinden. Ferner sind Keller- oder Bodenräume oft so vollgestellt, dass die Sichtung zur Klärung der Räumungskosten entscheidend ist. Dann kann in der Nachbarschaft oder beim Vermieter Auskunft eingeholt werden, welche Keller- oder Bodenräume mitvermietet sind.

 

Rz. 24

Die Nachlasswohnung mit den Möbeln und alle dort befindlichen nennenswerten werthaltigen Gegenstände sollten grundsätzlich fotografiert und dokumentiert werden. Hier sind digitale Fotos und die Speicherung/Sicherung auf Festplatte/DVD/CD sinnvoll. Die Fotos werden nur im Bedarfsfall benötigt und können dann ausgedruckt werden.

 

Rz. 25

Die Wohnung muss gründlich nach Wertsachen durchsucht und aufgefundene Wertsachen müssen sichergestellt und dokumentiert werden. Aufgefundenes Geld sollte baldmöglichst auf ein Konto eingezahlt werden. Bei Schmuck empfiehlt sich zur Bewertung die Einlieferung bei einem Auktionshaus oder die Feststellung des Wertes durch einen Juwelier oder Gemnologen. Bei Auktionshäusern können auch kleinere werthaltige Gegenstände/Antiquitäten/Briefmarken- oder Münzsammlungen eingeliefert werden. Sollte sich gegenständlich sperriger werthaltiger Nachlass in der Wohnung befinden, der dort belassen wird, sollte geprüft werden, ob eine entsprechende Versicherung dafür abgeschlossen ist und ob die Wohnung hinreichend sicher erscheint. Ggf. sind sonst Sicherungsmaßnahmen oder eine anderweitige (sichere) Einlagerung erforderlich.[9] (Im Einzelnen siehe § 3 Nachlasssicherung und -verwaltung von A–Z.)

 

Rz. 26

In Nachlasswohnungen trifft der Nachlasspfleger neben dem Fund oft skurriler Gegenstände manchmal auch auf Sachverhalte, die besonderer Beachtung bedürfen und Fingerspitzengefühl erfordern. Beispielsweise finden sich Hinweise auf die sexuelle Orientierung des Erblassers, die seiner Umwelt vorher nicht bekannt war. Hier sind die Persönlichkeitsrechte des Erblassers über den Tod hinaus zu schützen. Nicht zwingend sind z.B. pornografische Schriften oder Bilder, aufblasbare Puppen, Sexspielzeug einer Verwertung zuzuführen, sondern sollten ggf. diskret entsorgt werden. Im Falle der ungeräumten Übergabe der Nachlasswohnung geht es den Vermieter der Wohnung nichts an, was der Erblasser möglicherweise in dieser Hinsicht in der Wohnung aufbewahrt hat. Kinderpornografie macht hier allerdings vor dem Hintergr...

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