Rz. 900
Anders als § 95 Abs. 1 BetrVG beschränkt Abs. 2 den Gegenstand der erzwingbaren Auswahlrichtlinien auf die "persönlichen und fachlichen Voraussetzungen sowie soziale Gesichtspunkte". Im Vergleich dazu ist in Abs. 1 umfassender von einer "Richtlinie über die personelle Auswahl" die Rede. Daraus wird geschlossen, dass im Falle des § 95 Abs. 1 BetrVG auch die Regelung des Auswahlverfahrens selbst – also Regelungen betreffend das Zustandekommen der Auswahlentscheidung des Arbeitgebers – Gegenstand der Auswahlrichtlinie sein könne.[2111] Da das Mitbestimmungsrecht des BR nach Abs. 1 jedoch nicht erzwingbar ist, kann ein solcher Teil einer Auswahlrichtlinie nicht gegen den Willen des Arbeitgebers eingeführt werden.
Rz. 901
Auswahlrichtlinien dürfen nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Besonders zu beachten sind daher die Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote nach Art. 3 Abs. 3 GG, § 75 BetrVG, § 1 Abs. 3 KSchG, das AGG, § 613a BGB und die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsrechts, ferner tarifliche Besetzungsregelungen.[2112] Der Regelungsspielraum richtet sich nach der angestrebten Personalmaßnahme. Auswahlrichtlinien aufgrund eines Spruchs der Einigungsstelle sind gerichtlich auf etwaige Rechtsverstöße überprüfbar.
Zu unterscheiden sind Richtlinien für Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen:
Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen legen die Auswahlkriterien fest, die für eine Einstellung maßgebend sind. Sie regeln zugleich das Verfahren zur Ermittlung dieser Kriterien.[2113] Dementsprechend legen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Versetzungen die Auswahlgesichtspunkte für eine Versetzung (§ 95 Abs. 3 BetrVG) fest und regeln das Verfahren für deren Feststellung.[2114]
Da eine Umgruppierung reine Rechtsanwendung eines tariflichen oder betrieblichen Gehaltsschemas ist, bleibt insoweit für ermessenssteuernde Richtlinien kaum Raum. Nach Ansicht des BAG[2115] geht es aber insoweit nicht um Richtlinien dazu, wie, sondern wer umzugruppieren ist.[2116]
Die Auswahlrichtlinien bei Kündigungen betreffen allein betriebsbedingte Kündigungen und dort nur die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG.[2117] Den Betriebsparteien steht es frei, sich dabei eines Punkteschemas zu bedienen.[2118] Dieses muss keine individuelle Abschlussprüfung (mehr) vorsehen.[2119]
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