Rz. 276
An dieser Stelle wird das Kindergeld als anrechenbares Einkommen erörtert. Weitergehende Ausführungen zum Kindergeld an sich werden im Rahmen der "Einzelfragen" besprochen.
Rz. 277
Das Kindergeld ist nach § 62 Abs. 1 EStG eine staatliche Leistung für das Kind an die Eltern. Es unterscheidet sich von anderen regelmäßig wiederkehrenden kindbezogenen steuerlichen Leistungen insofern, als es seit der Neufassung des § 1612b durch das UÄndG 2007, keine steuerliche Leistung für die Eltern (mehr) ist.
Das Kindergeld ist Einkommen des Kindes und vermindert daher seinen Bedarf wie sonstiges anzurechnendes Einkommen, da es zweckgebunden zur Deckung des Barbedarfs des Kindes einzusetzen ist.
Rz. 278
Nach der bis 31.12.2006 geltenden Rechtslage wurde das Kindergeld mit dem Kindesunterhalt verrechnet. Seit 1.1.2007 mindert das Kindergeld die Bedürftigkeit des minderjährigen Unterhaltsberechtigten. Es deckt beim minderjährigen Unterhaltsberechtigten wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsleistung gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 zur Hälfte den Barbedarf, zur anderen Hälfte den Betreuungsbedarf (§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) des minderjährigen Kindes.
Rz. 279
Praxistipp
Daher ist das dem betreuenden Elternteil verbleibende – hälftige – Kindergeld nicht als dessen Einkommen bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts zu berücksichtigen. Das hälftige Kindergeld unterstützt vielmehr den betreuenden Ehegatten und wird nicht als sein eigenes Einkommen angerechnet.
Rz. 280
Die anzustellenden Unterhaltsberechnungen wurden auch insofern vereinfacht, als die Bedarfsdeckung durch das hälftige Kindergeld beim barunterhaltspflichtigen Elternteil dazu führt, dass nicht wie bis 31.12.2006 der Tabellenbetrag, sondern der Zahlbetrag als Abzugsposten in die Berechnung einzustellen ist.
Im Ergebnis führt dies auch dazu, dass sich die Verteilungsmasse beim Unterhaltspflichtigen erweitert und er somit auch gegenüber nach § 1609 nachrangigen Unterhaltsberechtigten leistungsfähig bleibt.
Rz. 281
Praxistipp
Im Geburtsmonat des minderjährigen Kindes wird der Barunterhalt nur anteilig nach Tagen geschuldet. Das Kindergeld wird hingegen im Geburtsmonat nach § 66 Abs. 2 EStG in voller Höhe ausbezahlt. Auch in diesem Monat wird das ganze Kindergeld hälftig bedarfsmindernd auf den geschuldeten Barunterhalt angerechnet.
Rz. 282
Grundsätzlich ist für das Kindergeld der Elternteil bezugsberechtigt, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist der Betreuungsleistungen erbringende Elternteil. Bezieht das Kindergeld fehlerhaft (noch) der Barunterhaltspflichtige, ist der Kindesunterhalt um das volle Kindergeld zu erhöhen.
Rz. 283
Praxistipp
Erhöht sich das Kindergeld aufgrund eines nicht gemeinschaftlichen Kindes (sog. Zählkindervorteil), ist diese Erhöhung nicht zu berücksichtigen (§ 1612b Abs. 2). Der Zählkindervorteil stellt kein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen dar.
Rz. 284
Sofern ausnahmsweise beide Elternteile des minderjährigen Unterhaltsberechtigten barunterhaltspflichtig sind, so z.B. bei auswärtiger Unterbringung des minderjährigen Kindes, ist das Kindergeld in voller Höhe bedarfsdeckend anzurechnen. Gleiches gilt, wenn ein Elternteil verstorben ist, oder das minderjährige Kind auswärts untergebracht ist, da der eine Elternteil dann bar- und betreuungsunterhaltspflichtig ist.
Rz. 285
Kindergeld ist als anrechenbares Einkommen des minderjährigen Kindes bedarfsmindernd zu berücksichtigen und wird hälftig auf den Bar- bzw. Betreuungsbedarf aufgeteilt.