Rz. 21

Der Geschädigte kann nur den adäquat durch die Verletzungshandlung verursachten Schaden ersetzt verlangen (so genannte Adäquanztheorie). Danach sind dem Schädiger besonders eigenartige oder ganz unwahrscheinliche und nach dem regelmäßigen Lauf der Dinge nicht zu erwartende Umstände nicht mehr zuzurechnen.

 

Rz. 22

Wann ein Schaden einer schädigenden Handlung noch adäquat kausal zugerechnet werden kann, ist in der Rechtsprechung sehr umfangreich behandelt worden. An dieser Stelle kann deshalb kein vollständiger Überblick über die Grenzfälle gegeben werden.

 

Rz. 23

Zu beachten ist jedoch, dass der BGH eine eher weite Auslegung des adäquat verursachten Schadens vertritt.

 

Rz. 24

 

Beispiel

Zwei Fahrzeugführer kommen sich auf einer Landstraße entgegen. Der eine kommt verkehrswidrig auf die Fahrbahn des anderen und zwingt diesen zum Ausweichen, wodurch dieser ins Schleudern gerät und einen Schaden erleidet.

 

Rz. 25

Auch ohne eine Berührung der Fahrzeuge ist in derartigen Fällen der von dem verkehrswidrig entgegenkommenden Fahrer verursachte Schaden diesem adäquat kausal zuzurechnen (BGH NJW 1971, 1982; 1981, 570; OLG Saarbrücken zfs 1989, 286; OLG Hamm zfs 1996, 444). So wird der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall auch dann noch bejaht, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall noch vermeidbar gewesen wäre (BGH zfs 2003, 334 ff.).

 

Rz. 26

Ist der Geschädigte durch mehrere Unfälle verletzt worden, kann oft nicht geklärt werden, ob ein verbliebener Dauerschaden auf den einen oder den anderen Unfall zurückzuführen ist. Hier hat der BGH einen Zurechnungszusammenhang angenommen und auch den Schädiger des Zweitunfalls zum Ersatz des Schadens verurteilt (BGH zfs 2002, 121).

 

Rz. 27

Dagegen hat es der BGH auch für akzeptabel angesehen, wenn der Tatrichter den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang zwischen einem Erstunfall und einem Zweitunfall nach den besonderen Umständen des Einzelfalles verneint (BGH zfs 2004, 255: Der Erstunfall führte zu einer Teilsperrung der Autobahn und anschließenden erheblichen Zweitunfällen).

 

Rz. 28

So haftet der Schädiger auch für Schadensfolgen, die durch eine weitere Ursache unmittelbar ausgelöst werden.

 

Beispiele

Der Krankenwagen, der den Verletzten von der Unfallstelle abtransportiert, verunglückt auf der Fahrt ins Krankenhaus. Auch die infolge des Unfalls des Krankenwagens beim Verletzten eingetretenen Schäden sind dem Erstschädiger zuzurechnen (BGH DAR 1971, 102).
Ein Arzt behandelt den Geschädigten im Rahmen der unfallbedingten Heilbehandlung falsch. Auch hier haftet der Schädiger für die Folgen eines ärztlichen Behandlungsfehlers (OLG Hamm r+s 1995, 340), es sei denn, es liegt ein grober Behandlungsfehler vor (BGH VersR 1967, 381; OLG Köln zfs 1989, 78).
Entsprechend hat auch das OLG Braunschweig (VersR 1996, 715) die erhöhten Heilbehandlungskosten und vermehrten Verdienstausfälle eines alkoholkranken Unfallverletzten, die infolge des Alkoholverbots im Krankenhaus entstehen, als adäquat kausal durch das Unfallgeschehen verursacht gewertet, deren Ersatz aber deshalb abgelehnt, weil die Schäden nicht mehr im Schutzbereich der verletzten Norm des § 823 Abs. 1 BGB liegen.

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