Rz. 19

Ehen werden bekanntlich im Himmel geschlossen und auf der Erde geschieden. Haben geschiedene Ehegatten gemeinsame Abkömmlinge, dann besteht die Gefahr, dass ein Ehegatte über die gemeinsamen Kinder am Nachlass des geschiedenen Ehegatten partizipiert. So kann der frühere Ehegatte die gemeinsamen Kinder von Gesetzes wegen beerben, wenn die Kinder selbst keine Abkömmlinge hinterlassen haben. Haben die Kinder keine Abkömmlinge hinterlassen, aber zugunsten einer dritten Person (bspw. Ehegatten des Kindes) testiert, besteht die Möglichkeit, dass der Ex-Ehegatte Pflichtteilsansprüche geltend macht.

 

Rz. 20

Primäres Ziel bei der Gestaltung eines Geschiedenentestaments ist also der langfristige Ausschluss des geschiedenen Ehegatten und dessen einseitigen Verwandten von der Teilhabe am Nachlass. Des Weiteren sollen auch eventuelle Pflichtteilsansprüche des geschiedenen Ehegatten gemäß § 2303 Abs. 2 BGB jedenfalls wirtschaftlich ausgehöhlt werden.[28]

 

Rz. 21

Darüber hinaus ist bei der Gestaltung zu beachten, dass der Erblasser den Bedachten eine möglichst umfangreiche und freie Rechtsstellung erhalten will. Beschränkungen der Bedachten sollen grundsätzlich so weit als möglich vermieden werden. Sofern zur Erreichung des primären Regelungsziels Beschränkungen der Bedachten in Kauf genommen werden müssen, stellen diese unvermeidbare "Kollateralschäden" dar, die selbstverständlich keinen Selbstzweck verfolgen.

 

Rz. 22

Außerdem will der Erblasser nur einen bestimmten Personenkreis ausschließen und sanktionieren, gerade aber nicht die lebzeitige Verfügungsfreiheit seiner Abkömmlinge beschneiden. Diese sollen zu Lebzeiten eine möglichst umfangreiche und weite vermögensrechtliche Freiheit genießen.

Vor dem Hintergrund der genannten Regelungsziele hat der erbrechtliche Kautelarjurist eine für den konkreten Einzelfall maßgeschneiderte Lösung zu erarbeiten.

Zum langfristigen Ausschluss bestimmter Personenkreise von einer Teilhabe am Nachlass kommen zwei grundlegende Gestaltungsvarianten (Vor- und Nacherbschaft und Vermächtnislösung) in Betracht, die nachstehend dargestellt werden:

[28] Reimann, ZEV 1995, 330 f.

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