Rz. 50

§ 1361b Abs. 2 S. 1 BGB enthält – dem Vorbild des GewSchG folgend, insbesondere entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 GewSchG – zwei grundlegende Rechtsgedanken, die sachliche Wertungen enthalten und Maßstäbe für die Auslegung vorgeben: zunächst explizit, dass bei Anwendung körperlicher Gewalt gegen einen Ehegatten oder Drohung damit in der Regel die Ehewohnung dem verletzten Ehegatten zu überlassen ist, auch wenn nach dem Zuschnitt der Wohnung die Überlassung nur eines Teils, wie in § 1361b Abs. 1 S. 1 BGB vorgesehen, erfolgen müsste und damit zugleich implizit, dass in diesen Fällen in der Regel eine unbillige Härte gegeben ist.

§ 1361b Abs. 2 S. 2 BGB enthält eine Regelung der Beweislast und damit zugleich der Darlegungslast[135] in Form einer eigenartigen Kombination von tatsächlicher Vermutung und Vermutung einer Rechtsfolge. Dem Ehegatten, der Gewalt verübt oder damit gedroht hat, obliegt die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Wiederholungsgefahr. Misslingt dies, besteht der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung (Rechtsfolge); allerdings ist diese Rechtsfolge nicht zwingend; der von der Gewalt betroffene Ehegatte kann – trotz fehlender Wiederholungsgefahr – die Überlassung der Wohnung verlangen, wenn ihm das weitere Zusammenleben in der Ehewohnung mit dem anderen Ehegatten wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist (§ 1361b Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB). Eine solche Schwere der Tat ist in Fällen einer schweren Körperverletzung, versuchten Tötung und Vergewaltigung zu bejahen.[136] Der verletzte Ehegatte muss die Schwere der Tat sowie die deswegen bestehende Unzumutbarkeit des Zusammenlebens mit dem anderen Ehegatten darlegen und beweisen.

[135] Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 115 Rn 41.
[136] BT-Drucks 14/ 5429, 31 zu § 2 GewSchG.

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