Rz. 187

Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Urkunden- oder Wechselprozess stellt eine eigene Angelegenheit dar. Im Urkundenprozess kann der Rechtsanwalt meist in kurzer Zeit ein vollstreckbares Vorbehaltsurteil erstreiten. Andere Beweismittel, als vorgelegte Urkunden sind dabei nicht zulässig; 592 ff. ZPO. Auch die Echtheit von Urkunden kann vorerst nicht angezweifelt werden. Eine Widerklage ist unzulässig; § 595 ZPO. Am Ende ergeht ein Vorbehaltsurteil, welches in einem weiteren Hauptverfahren nachgeprüft werden kann. Nach § 17 Abs. 5 RVG sind Urkunden- und Wechselprozess zwei unterschiedliche Angelegenheiten. Verfahrens- und Terminsgebühr fallen dabei also jeweils gesondert an.

 

Rz. 188

Gemäß Vorbem. 3 Abs. 7 VV RVG ist die Verfahrensgebühr des Urkundenverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Hauptverfahrens anzurechnen. Dies gilt selbstverständlich nur insoweit, wie die Verfahrensgegenstände identisch sind.

 

Beispiel:

Rechtsanwalt C. Lever macht für seinen Mandanten Gustav Witzt rückständige Mieten in Höhe von 1.500,00 EUR aus einer Modernisierungsmieterhöhung im Urkundsprozess geltend.

Der Mieter wendet im Urkundsverfahren Mängel in der Wohnung ein. Die angebotenen Beweise können im Urkundsverfahren nicht gewürdigt werden.

Gustav Witzt obsiegt in Höhe von 1.000,00 EUR, weil das Gericht einen Teil der Modernisierungsmieterhöhung für unbegründet hält.

Die Gebühren im Urkundsverfahren errechnen sich wie folgt:

Gegenstandswert: 1.500,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 165,10 EUR
1,2 Terminsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV 152,40 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  337,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 64,12 EUR
  401,62 EUR

Der unterliegende Mieter zwingt Gustav Witzt nun in das Hauptsacheverfahren, in welchem er das Urteil in Höhe von 1.000,00 EUR überprüfen lassen will und macht widerklagend die Rückforderung überzahlter Mieten aus mangelbedingter Mietminderung in Höhe von 400,00 EUR sowie einen Anspruch aus Betriebskostenerstattung in Höhe von 300,00 EUR geltend.

Der Gegenstandswert beträgt nun 1.700,00 EUR.

Von diesem Wert sind aber nur 1.000,00 EUR Gegenstand des Urkundsprozesses gewesen. Die Kosten für das Vorverfahren sind also wie folgt zu berechnen:

Gegenstandswert 1.700,00 EUR – 1.000,00 EUR für die Anrechnung der Verfahrensgebühr

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV aus 1.700,00 EUR 215,80 EUR
./. 1,3 Verfahrensgebühr aus 1.000,00 EUR – 114,40 EUR
1,2 Terminsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV 199,20 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  320,60 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 60,91 EUR
  381,51 EUR

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