Rz. 554

 

§ 117 SGB X – Schadenersatzansprüche mehrerer Leistungsträger

1Haben im Einzelfall mehrere Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist in den Fällen des § 116 Absätze 2 und 3 der übergegangene Anspruch auf Ersatz des Schadens begrenzt, sind die Leistungsträger Gesamtgläubiger.

2Untereinander sind sie im Verhältnis der von ihnen erbrachten Sozialleistungen zum Ausgleich verpflichtet.

3Soweit jedoch eine Sozialleistung allein von einem Leistungsträger erbracht ist, steht der Ersatzanspruch im Innenverhältnis nur diesem zu.

4Die Leistungsträger können ein anderes Ausgleichsverhältnis vereinbaren.

 

Rz. 555

 

§ 428 BGB – Gesamtgläubiger

1Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten.

2Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.

§ 430 BGB – Ausgleichungspflicht der Gesamtgläubiger

Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

 

Rz. 556

Erbringen mehrere Drittleistungsträger gleichartige Leistungen an einen Geschädigten, sind sie beim Regress gegenüber dem Ersatzpflichtigen Gesamtgläubiger. Nur soweit Leistungen lediglich von einem Drittleistungsträger erbracht werden, besteht dann insoweit Einzelgläubigerschaft.

 

Rz. 557

Für die Forderungsberechtigung kommt es immer nur auf den "wirklich Berechtigten" an. Ist fraglich, wer von mehreren Drittleistungsträger im Verhältnis zu seinem Versicherten der letztlich verpflichtete Leistungsträger ist, so besteht keine Gesamtgläubigerschaft mit den anderen ebenfalls für Einstandspflicht in Frage kommenden Drittleistungsträgern. Forderungsberechtigt ist nur derjenige, dessen Leistungspflicht feststeht.[483]

[483] BGH v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08 – BGHReport 2009, 877 = DAR 2009, 456 = jurisPR-VerkR 17/2009, Anm. 2 (Anm. Lang) = MDR 2009, 864 = r+s 2009, 302 = SP 2009, 286 = VersR 2009, 203 = VRS 116, 435 = zfs 2009, 497 (Abfindungsvergleich mit RVT bei eventueller Zuständigkeit mehrerer SVT).

1. Außenverhältnis

 

Rz. 558

Sind Drittleistungsträger im Verhältnis zum Ersatzpflichtigen Gesamtgläubiger,[484] ist im Außenverhältnis (zum Ersatzpflichtigen) jeder einzelne Leistungsträger berechtigt, den gesamten (kongruenten) Anspruch ungekürzt bis zur Höhe seiner Aufwendungen (auch klageweise) geltend zu machen (§ 428 BGB).[485]

 

Rz. 559

Der einzelne Gesamtgläubiger kann eine auch den anderen bindende Vereinbarung zur Haftung nicht treffen.[486]

 

Rz. 560

Den Anspruch berührende Umstände, die in der Person nur eines Gesamtgläubigers eintreten, wirken grundsätzlich lediglich für und gegen den betreffenden Gläubiger, entfalten also nur Einzelwirkung (§ 429 III i.V.m. § 425 BGB).[487]

 

Rz. 561

Sind mehrere Drittleistungsträger eintrittspflichtig und schließt der Ersatzpflichtige mit einem dieser Drittleistenden einen Abfindungsvergleich über den ihm im Innenverhältnis der Gesamtgläubiger zueinander zustehenden Anteil, hat der darin liegende Erlassvertrag auch Wirkung gegenüber den weiteren Gesamtgläubigern.[488] Bei Gesamtgläubigerschaft betrifft die Abfindung den Gesamtanspruch; es sei denn, die Parteien wollen ausdrücklich nur den diesem Ersatzberechtigten im Innenverhältnis zustehenden Anteil regulieren. Der konkurrierende weitere Gesamtgläubiger kann dann nur noch dasjenige verlangen, was ihm letztlich im Innenverhältnis zum anderen (bereits abgefundenen) Drittleistungsträger noch zusteht.

 

Rz. 562

In der Praxis verlangen SVT häufig von vornherein nur die ihnen im Innenverhältnis zum weiteren Sozialleistungsträger zustehende Quote am gesamten Schadenersatzanspruch.[489] Soweit allerdings Sozialleistungen nur von einem Träger erbracht werden, steht diesem der insoweit kongruente Ersatzanspruch allein als Einzelgläubiger zu.[490]

 

Rz. 563

Häufig (gerade bei der Abwicklung mit SVT) findet ein vorweggenommener Gesamtausgleich statt mit der Folge, dass von jedem der Gesamtgläubiger nur die auf ihn entfallende Quote geltend gemacht wird. Der BGH[491] stellt dazu aber heraus, dass der einzelne Gesamtgläubiger eine auch den anderen bindende Vereinbarung zur Haftung nicht treffen darf und hat von daher (nur) wegen der überschießenden Haftung einen weiteren Regress zugelassen.

 

Rz. 564

 

Beispiel 2.35

Der Ersatzpflichtige vereinbarte mit RVT eine Haftung von 50 %. Zutreffend wäre eine Haftung von 70 % gewesen.[492]

Nachdem RVT abgefunden war, meldet sich UVT beim Schädiger. Dieser beruft sich auf die Erledigung der Ersatzansprüche durch den Vergleich mit RVT.

Ergebnis:

Soweit mit RVT eine Haftung von 50 % vereinbart und der Abrechnung zugrunde gelegt ist, ist die Forderung des UVT durch die Abfindung des RVT erledigt.
Da die Haftung aber mit 70 % richtigerweise zu bewerten war, kann UVT wegen des nicht berücksichtigten weiteren Haftungsanteils von 20 % (70 % – 50 %) noch Regress nehmen.
 

R...

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