Rz. 162

Bei der Abtretung ist zu differenzieren, ob diese gegenüber einem Drittleistungsträger abgegeben wird oder ob die Abtretung aus freien Stücken an einen (letztlich x-beliebigen) Dritten erfolgt.

 

Rz. 163

Wird an einen Drittleistungsträger (z.B. betriebliche Altersversorgung, berufsständische Versorgung, Arbeitgeber außerhalb der 6-Wochen-Entgeltfortzahlung) abgetreten und steht die Abtretung in engem Konnex mit der Drittleistung (ist u.U. sogar eine Abtretungsverpflichtung im Zusammenhang mit der Drittleistungsverpflichtung vorgesehen[129] oder ergibt sie sich analog § 255 BGB), begrenzt die Kongruenz die Abtretungsverpflichtung. Tritt der Geschädigte, ohne hierzu unter Beachtung der Kongruenz überhaupt verpflichtet zu sein,[130] an den Drittleistungsgläubiger seine Forderung ab, leistet der Schadenersatzverpflichtete an den Drittleistungsträger (als Abtretungsempfänger) mit befreiender Wirkung gegenüber dem unmittelbar Verletzten (der Schadenersatzgläubiger kann sich auf die Berechtigung der Abtretung verlassen). Der unmittelbar Verletzte kann die (inkongruente) Zuvielleistung nur vom Drittleistungsträger zurückverlangen.

 

Rz. 164

Gewährt ein Summenversicherer Leistungen (z.B. Krankentagegeld,[131] siehe § 4 Rn 1313, Fn 810), darf er (quasi im Gegenzug und ohne Offenlegung, dass zu einer Abtretung keine Verpflichtung besteht) vom Versicherten eine Abtretung nicht verlangen. Die Abtretung ist unwirksam, da sie gegen Grundprinzipien des VVG verstößt (§§ 18, 87 VVG).[132] Für im VVG geregelte Versicherungen beinhaltet die Legalzession des § 86 VVG eine abschließende Regelung, die anderweitige gewillkürte Forderungswechsel ausschließt: Wo eine Legalzession vorgesehen ist, darf eine Abtretung wegen einer erbrachten Versicherungsleistung nicht verlangt werden (Abtretungsverbot bei "parallel" existierender Legalzession).

 

Rz. 165

Anderes gilt für die Abtretung "aus freien Stücken". Hier kann der Anspruchsteller über die ihm zustehende Forderung frei verfügen. Die individuelle Abtretung (z.B. zwecks Finanzierung eines Bauvorhabens an eine Bank; Abtretung an Gläubiger oder Finanzamt) ist möglich.

[129] Vgl. BGH v. 1.12.2009 – VI ZR 221/08 – DAR 2010, 197 = FamRZ 2010, 896 = jurisPR-VerkR 11/2010 Anm. 1 (Anm. Jahnke) = MDR 2010, 381 = NJW-RR 2010, 839 = NJW-Spezial 2010, 169 = NZV 2010, 293 = r+s 2010, 167 = SP 2010, 144 = VersR 2010, 642 = VRS 118, 340 = zfs 2010, 315.
[130] Siehe auch OLG Schleswig-Holstein v. 17.11.2010 – 7 U 100/09 – zfs 2011, 460 (juris-Rn 21).
[131] Krankentagegeldversicherung ist als Summenversicherung einem Forderungswechsel nicht zugänglich: BGH v. 4.7.2001 – IV ZR 307/00 – MDR 2001, 1352 = NJW-RR 2001, 1467 = NVersZ 2001, 457 = r+s 2001, 431 = VersR 2001, 1100; Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 4. Aufl. 2009, § 1 Rn 4 m.w.N.
[132] Vgl. OLG Schleswig-Holstein v. 17.11.2010 – 7 U 100/09 – zfs 2011, 460 (Revision zum BGH – IV ZR 280/10 – wurde zurückgenommen).

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