Rz. 177

Das schiedsrichterliche Verfahren beginnt – anders als das vor staatlichen Gerichten – nicht mit der Erhebung der Klage, sondern mit dem Tag, an dem der Beklagte den Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, empfangen hat. Dies bestimmt § 1044 ZPO. Dabei ist diese Regelung wiederum abänderbar. Sie gilt nur, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben.

 

Rz. 178

Dass der Antrag nicht identisch ist mit der Schiedsklage zeigt § 1044 Satz 2 ZPO. Danach muss der Antrag die Bezeichnung der Parteien, die Angabe des Streitgegenstandes und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthalten. Demgegenüber regelt § 1046 ZPO den Inhalt der Schiedsklage, der davon abweicht.

 

Rz. 179

Der den Beginn des schiedsgerichtlichen Verfahrens auslösende Antrag muss enthalten:

Die Bezeichnung der Parteien
Die Angabe des Streitgegenstandes (Individualisierung des Anspruchs, ähnlich wie im Mahnantrag)
Einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung
 

Rz. 180

Der Sinn dieser Regelung besteht darin, schon zu einem frühen Zeitpunkt die Wirkungen des Beginns des schiedsrichterlichen Verfahrens einsetzen zu lassen. Dazu gehört in erster Linie die Hemmung der Verjährung entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB. Die materiell rechtlichen Wirkungen des Beginns des schiedsrichterlichen Verfahrens sind weiter dieselben, die an den Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage vor dem staatlichen Gericht geknüpft sind, also

Eintritt des Verzugs (§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB)
Entstehung des Anspruchs auf Prozesszinsen (§ 291 BGB)
Die Entstehung der Haftung bei einer Herausgabepflicht (§ 292 BGB)
Das Verhindern des Erlöschens von Besitzansprüchen nach verbotener Eigenmacht nach § 864 Abs. 1 BGB
Einfluss auf Nutzungs-, Schadens- und Verwendungsersatzansprüche nach §§ 987, 989 und 994 BGB.
 

Rz. 181

Mit den oben genannten Angaben ist der Streitgegenstand hinreichend deutlich abgegrenzt, ohne dass es des für die Schiedsklage erforderlichen Antrages bedürfte. Damit ist ein eindeutiger Bezug zur Schiedsvereinbarung hergestellt.

 

Rz. 182

 

Beispiel

Die Eheleute M und F haben einen Ehevertrag geschlossen. Für die Auseinandersetzung ihrer Ansprüche auf Ausgleich des Zugewinns haben sie eine Schiedsvereinbarung getroffen. M beabsichtigt, von der F Zahlung eines Zugewinnausgleichs zu verlangen. Es droht der Eintritt der Verjährung.

 

Rz. 183

Der Grund für das Auseinanderfallen des Beginns des schiedsrichterlichen Verfahrens und der Zustellung der Klageschrift liegt darin, dass jedenfalls dann, wenn nicht ein institutionalisiertes Schiedsgericht angerufen werden soll, zunächst einmal ein Schiedsgericht bestellt werden muss. Dafür kann möglicherweise ein längerer Zeitraum benötigt werden, ohne dass der klagende Ehegatte die Möglichkeit hätte, etwa die Hemmung der Verjährung zu erreichen. Würde in dem oben genannten Beispiel der M darauf angewiesen sein, Klage vor dem Schiedsgericht zu erheben, um die Verjährungshemmung eintreten zu lassen, könnte es die F allein durch langes Taktieren erreichen, dass es zu keiner Einigung über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts kommt. Der M hätte keine Möglichkeit, durch eigenes Tätigwerden die gewünschte Wirkung des Eintritts der Verjährungshemmung zu erzielen, während er bei Zuständigkeit des staatlichen Gerichts einseitig Klage erheben könnte, die Hemmung der Verjährung also ohne Zutun der F eintreten lassen könnte.

 

Rz. 184

Gerade bei institutionalisierten Schiedsgerichten erfolgt die Einleitung des Schiedsverfahrens häufig dadurch, dass beide Parteien eine Schiedsordnung unterzeichnen und diese dem Schiedsgericht zuleiten.[94]

[94] Vgl III.1 der Schiedsordnung des Norddeutschen Schiedsgerichts.

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