Rz. 422

Mit dieser Regelung werden Fehler erfasst, die sich als Verfahrensfehler, sei es bei der Bildung des Schiedsgerichts selbst oder im Rahmen des schiedsgerichtlichen Verfahrens ergeben haben. Der Tatbestand ist gewissermaßen ein Auffangtatbestand, weil jedenfalls die Fehler im Rahmen des schiedsgerichtlichen Verfahrens weitgehend auch durch die Nummer 1 b) erfasst werden. Die maßgeblichen Verfahrensfehler müssen sich auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben. Davon ist auszugehen, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass das Schiedsgericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden haben würde.[160]

 

Rz. 423

Fehler bei der Bildung des Schiedsgerichts können darin gesehen werden, dass die zwischen den Parteien getroffenen Absprachen oder die gesetzlichen Vorschriften der §§ 1034, 1035 oder 1039 ZPO verletzt werden, indem beispielsweise die vereinbarte Anzahl der Schiedsrichter nicht eingehalten ist, indem ein Schiedsrichter mitwirkt, den die Parteien nicht bestimmt haben oder indem ein wirksam abgelehnter Schiedsrichter (§§ 1036, 1037 ZPO) weiterhin am Verfahren mitwirkt. Im Fall der Mitwirkung eines erfolgreich abgelehnten Schiedsrichters ist stets anzunehmen, dass sich die Besetzung auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Das gilt selbst dann, wenn ein mit drei Schiedsrichtern besetztes Schiedsgericht den Schiedsspruch einstimmig erlassen hat.[161]

 

Rz. 424

Fehler im Rahmen des schiedsgerichtlichen Verfahrens können darin liegen, dass das Schiedsgericht zwischen den Parteien getroffene Absprachen über die Durchführung einer Beweisaufnahme nicht beachtet,[162] indem etwa vereinbart war, dass sich die Beweisaufnahme nach den Vorschriften der ZPO richten soll, das Schiedsgericht aber von einer förmlichen Vernehmung von Zeugen absieht und sich mit einer telefonischen Anhörung zufrieden gibt, indem es über die Unterhalts- und Zugewinnausgleichsansprüche nach Billigkeit entscheidet, obwohl die nach § 1051 Abs. 3 ZPO dafür erforderliche Ermächtigung durch die Parteien fehlt[163] oder indem der Schiedsspruch entgegen § 1054 Abs. 2 ZPO nicht begründet wird.

 

Rz. 425

Auch in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1d ist Voraussetzung für eine Aufhebung ausdrücklich, dass anzunehmen ist, dass sich der Verfahrensfehler auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Zur Feststellung der Kausalität reicht es aus, dass sich der Verfahrensfehler auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben kann, dass der Schiedsspruch auf ihm beruhen kann.[164] Insofern ist eine Parallele zu § 545 Abs. 1 ZPO gegeben.

 

Rz. 426

 

Beispiel

In der Familienschiedssache der Eheleute M und F haben die drei bestellten Schiedsrichter den Schiedsspruch einstimmig herbeigeführt. Dabei wurde übersehen, dass Schiedsrichter 1 wegen Befangenheit erfolgreich abgelehnt worden war.

In diesem Fall könnte zwar angenommen werden, dass mindestens die Mehrheit der Schiedsrichter das gefundene Ergebnis gestützt hat. Gleichwohl ist bei Mitwirkung eines erfolgreich abgelehnten Schiedsrichters stets anzunehmen, dass sich die Besetzung auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.

Abwandlung:

Es hat ein Einzelschiedsrichter entschieden, der zuvor erfolgreich abgelehnt worden war.

In diesem Fall kann der Schiedsspruch auf dem Verfahrensfehler beruhen, weil allein der erfolgreich abgelehnte Schiedsrichter entschieden hat.

[162] OLG Frankfurt SchiedsVZ 2013, 49.
[163] BGH WM 1985, 1487.
[164] BGH SchiedsVZ 2009, 126; BGH NJW 1990, 2199.

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