Rz. 50

Die Erstattungsfähigkeit von Fremdschäden setzt gem. § 3 AVB-VSV zusätzlich zum Vorliegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung einer Vertrauensperson voraus, dass das versicherte Unternehmen dem geschädigten Dritten aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung hierfür Schadenersatz geleistet hat.

 

Rz. 51

Als gesetzliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers, Schadenersatz für die Handlungen einer Vertrauensperson zu leisten, kommt § 831 BGB, der als eigenständiger Haftungstatbestand aufgrund eigenen Fehlverhaltens (Verletzung von Verkehrspflichten) bei Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Gehilfen ausgestaltet ist, grds. nur untergeordnete Bedeutung zu.[71]

Bei vorsätzlichen Schadenhandlungen – wie Diebstählen oder Unterschlagungen – handelt der Verrichtungsgehilfe (z.B. der Arbeitnehmer) zwar nicht per se außerhalb des Kreises oder allgemeinen Rahmens der ihm anvertrauten Aufgaben. Andererseits wird es oft so liegen, dass der Gehilfe nur bei Gelegenheit der Verrichtung rein zufällig mit den Rechtsgütern des Geschädigten in Berührung kommt, sodass ein innerer Zusammenhang mit den ihm anvertrauten Aufgaben nicht mehr besteht.[72] Zudem kann sich das versicherte Unternehmen gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Einwand berufen, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei Auswahl und Überwachung der Mitarbeiter eingehalten zu haben, wogegen freilich nicht bereits der Umstand streitet, dass eine VSV (auch) aus Misstrauen des Unternehmens gegen seinen Mitarbeiter abgeschlossen wird. Ähnlich stellt sich die Situation bei schadenstiftenden Handlungen verfassungsmäßiger Vertreter dar, die dem Unternehmen über § 31 BGB ebenfalls nur dann zugerechnet werden können, wenn die Handlung "in Ausführung der zustehenden Verrichtung" begangen wurden.[73] Ohne Einfluss bleibt hierbei die Amtsstellung des verfassungsmäßigen Vertreters, wenn sie sich nicht auf die Art oder den Ablauf der schadenstiftenden Handlung ausgewirkt hat, was bei klassischen Bereicherungsstraftaten der Fall sein dürfte. Nach § 15 Ziff. 1 AVB-VSV/K bzw. § 35 Ziff. 1 der AVB-VSV/P sind verbleibende Handlungen auch nur dann vom Versicherungsschutz umfasst, wenn sich die handelnde Person hierdurch rechtswidrig bereichern wollte.

 

Rz. 52

Neben der deliktischen kommt nach den AVB-VSV 2011 erstmals auch der vertraglichen Haftung des Versicherungsnehmers nach § 280 BGB eine gewisse Bedeutung zu, da § 3 AVB-VSV den Versicherungsschutz bei Fremdschäden ausdrücklich auch auf die Fälle erweitert, in denen der Versicherungsnehmer aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung Schadenersatz für vorsätzliche unerlaubte Handlungen der Vertrauensperson geleistet hat. Soweit die unerlaubte Handlung der Vertrauensperson zugleich eine vertragliche Haftung des Versicherungsnehmers begründet, erfolgt die Zurechnung nach 278 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verfehlung des Erfüllungsgehilfen nicht eine selbstständige unerlaubte Handlung darstellt, die mit der Vertragserfüllung nur in äußerem Zusammenhang steht, sondern dass die unerlaubte Handlung des Erfüllungsgehilfen in den allgemeinen Umkreis desjenigen Aufgabenbereichs gehört, zu dessen Wahrnehmung er von dem Schuldner bestimmt worden ist. Bspw. haftet der Hotelier für Schwarzfahrten seiner Angestellten, die Fahrzeuge der Gäste in der Garage abstellen sollen,[74] oder das zur Aktenvernichtung bestellte Unternehmen, wenn sich ein Mitarbeiter wettbewerbsrelevante Informationen aneignet. Der durch die vorsätzlich unerlaubten Handlungen der Vertrauenspersonen verursachte Fremdschaden ereignet sich damit typischerweise sowohl am Integritäts- als auch am Äquivalenzinteresse des Gläubigers.

 

Rz. 53

Die von der Rechtsprechung entwickelte Repräsentantenhaftung, nach welcher der Versicherungsnehmer für Personen einzustehen hat, die aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an dessen Stelle getreten und damit im Rahmen der Risikoverwaltung tätig sind, kommt als Erweiterung der Verpflichtung des Versicherungsnehmers, für die ungetreue Vertrauensperson Schadenersatz zu leisten, deswegen nicht in Betracht, da sie nur im Verhältnis zum Versicherer anwendbar ist.

[71] Vgl. Looschelders/Waiblinger, in: Looschelders/Pohlmann, Vertrauensschadenversicherung, Rn 33.
[72] Vgl. R. Koch, Vertrauensschadenversicherung, Rn 172.
[73] Vgl. R. Koch, Vertrauensschadenversicherung, Rn 173.
[74] Vgl. BGH NJW 1965, 1709.

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