Rz. 83

Zur Berechnung des Umfangs der vom Vorbehaltserbrecht umfassten Güter und Rechte sind dem Nachlass sämtliche lebzeitigen Schenkungen des Erblassers, ohne zeitliche Beschränkung, zuzurechnen. Dies betrifft auch "indirekte Schenkungen" wie einen trust nach amerikanischem Recht.[78] Bei Schenkungen unter Eheleuten wird unterschieden: Handelt es sich um eine Schenkung gegenwärtigen Vermögens (donation de biens présents entre époux), so ist diese gem. Art. 1096 Abs. 2 c.c. unwiderruflich und wird im Rahmen der Herabsetzung wie eine lebzeitige Schenkung behandelt. Das heißt, dass sie erst nachrangig zu den testamentarischen Vermächtnissen der Herabsetzung unterliegt. Anders, wenn es sich um eine Schenkung künftigen Vermögens unter Ehegatten, also um eine echte institution contractuelle handelt. Diese wird auch dann, wenn sie in einem Ehevertrag erfolgte, als Vermächtnis behandelt und gleichrangig mit den testamentarischen Verfügungen zur Herabsetzung herangezogen.[79]

 

Rz. 84

Dem Grundsatz nach werden lebzeitige Schenkungen vorrangig auf die disponible Quote angerechnet und nicht auf die réserve, Art. 923 c.c. Erreicht oder übersteigt schon der Wert der Schenkungen unter Lebenden den Wert des verfügbaren Vermögensteils, sind sämtliche testamentarischen Verfügungen aufzuheben. Eine Ausnahme gilt für Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte. Diese sind nur dann auf die disponible Quote anzurechnen, wenn sie zur Bevorzugung eines Pflichtteilsberechtigten oder unter Erlass der Ausgleichspflicht erfolgten. Regelmäßig sind sie jedoch gem. Art. 919–1 c.c. als Vorschuss auf den Erbteil zu behandeln und damit auf den Pflichtteil des Empfängers anzurechnen. Allein der den Pflichtteil übersteigende Betrag geht zu Lasten der disponiblen Quote. Ist auch diese ausgeschöpft, hat der Empfänger den verbleibenden Wert auszugleichen.

 

Rz. 85

Auch hier hat die Reform vom 23.6.2006 eine Neuerung gebracht: Der Schenker kann den Beschenkten im Schenkungsvertrag verpflichten, im Erbfall eine Entschädigung in den Nachlass zu zahlen. Auf diese Weise wird die Schenkung nicht mehr auf die verfügbare Quote angerechnet, so dass der Erblasser über die volle verfügbare Quote von Todes wegen verfügen kann. Der Beschenkte kann die Sache behalten und braucht nur die Entschädigung in Geld zu zahlen.

[78] Cour de Cassation vom 20.2.1996, Recueil Dalloz 1996, 390.
[79] So Cour de Cassation vom 8.11.1982, Recueil Dalloz 1983, 445.

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