Rz. 143

Die Ausgleichung von lebzeitig erhaltenen Vorempfängen in der Erbteilung ist in der Praxis von großer Bedeutung. Grund für die in den §§ 2050 ff. BGB geregelten Ausgleichungspflichten ist – ausgehend vom Grundsatz der erbrechtlichen Gleichbehandlung von Kindern in § 1924 Abs. 4 BGB[134] – der vom Gesetz vermutete Wille des Erblassers, seine Kinder an der Rechtsnachfolge in sein Vermögen (zu Lebzeiten und nach seinem Tod, d.h. an seiner wirtschaftlichen Lebensleistung) gleichmäßig teilhaben lassen zu wollen. Vorempfänge einer bestimmten Art gelten daher grundsätzlich als auf den künftigen Erbteil erfolgt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 1924 Abs. 4 BGB setzt sich im Ausgleichungsrecht fort. Er wird allerdings bezüglich der Schul- und Berufsausbildungskosten in § 2050 Abs. 2 BGB durchbrochen, weil schon § 1610 Abs. 2 BGB keinen Gleichbehandlungsgrundsatz für die auszubildenden Kinder postuliert, sondern dem Grundsatz "Jedem nach seinen Fähigkeiten" verpflichtet ist und diesen Grundsatz insofern auch im Ausgleichungsrecht beibehält.

 

Rz. 144

Ausgleichung bedeutet nur eine rechnerische Einbeziehung der zu Lebzeiten des Erblassers von diesem erhaltenen Vermögenswerte in die Erbteilung unter den Abkömmlingen, eine Modalität der Berechnung der endgültigen Anteile am effektiven Nachlass, d.h. am Auseinandersetzungsguthaben, und damit eine Veränderung des Verteilerschlüssels.

[134] "Kinder erben zu gleichen Teilen" und damit Verwirklichung des "Jedem das Gleiche" i.S.v. "suum cuique" – im Gegensatz zum Kindesunterhaltsrecht, wo gem. § 1610 Abs. 2 BGB eine Berufsausbildung nach der individuellen Fähigkeit des Kindes i.S.v. "Jedem nach seinen Fähigkeiten" geschuldet wird.

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