Rz. 105

§ 194 VVG stellt auf die Besonderheiten des Krankenversicherungsrechts ab und macht klar, in welchem Umfang die allgemeinen Vorschriften des Versicherungsrechts auf diese anwendbar sind bzw. inwieweit sie modifiziert werden müssen:

§ 194 Abs. 1 VVG sieht vor, dass die die Schadenversicherung betreffenden §§ 7480 und 8287 VVG anwendbar sind; dies entspricht der bisherigen gesetzlichen Regelung, § 178 a Abs. 2 S. 1 VVG a.F.

 

Rz. 106

Nicht anwendbar sind die §§ 2327 VVG, die eine Gefahrerhöhung betreffen sowie § 29 VVG (Teilrücktritt, Teilkündigung, teilweise Leistungsfreiheit). Dies entsprach auch der bisherigen Regelung des § 178 a Abs. 2 VVG a.F.[62]

 

Rz. 107

§ 19 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 VVG betreffen die Anzeigepflicht von Gefahrumständen. Sie sind gem. § 194 Abs. 1 S. 3 VVG nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Das Kündigungsrecht des Versicherers ist also bei nicht zu vertretender vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung ausgeschlossen.

 

Rz. 108

Eine weitere Abweichung von den allgemeinen Bestimmungen des VVG sieht § 194 Abs. 1 S. 4 VVG vor: Die fünfjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Versicherer gem. § 21 Abs. 3 VVG die Rechte nach § 19 Abs. 24 VVG geltend machen muss, beträgt in der Krankenversicherung, wie bisher gem. § 178 k VVG a.F., drei Jahre. Im Übrigen verbleibt es bei § 21 Abs. 3 VVG, wonach die Rechte des Versicherers nicht für Versicherungsfälle erlöschen, die vor Ablauf dieser Frist eingetreten sind. Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder arglistig verletzt, beläuft sich die Frist auf zehn Jahre.

 

Rz. 109

Die noch in § 194 Abs. 2 VVG 2008 geltende Modifizierung des § 38 VVG im Falle des Prämienverzuges mit längeren Fristen und besonderen Hinweispflichten für den Fall des Zahlungsverzuges ist ab 1.1.2009 aufgrund der seitdem vorgesehenen Versicherungspflicht und dem Entfall der Kündigung wegen Prämienverzuges entfallen. § 38 VVG ist nicht mehr anwendbar.

 

Rz. 110

§ 194 Abs. 2 VVG regelt den Übergang von Ersatzansprüchen. Der Übergang von Ersatzansprüchen, die dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zustehen, erfolgt nach § 86 VVG. Hiernach geht der Anspruch auf den Versicherer über, soweit – im Falle von Ersatzansprüchen des Versicherungsnehmers – der Versicherer den Schaden ersetzt. Hierbei hat der Versicherungsnehmer gewisse Mitwirkungspflichten gegenüber dem Versicherer – Obliegenheiten –, deren vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung durch den Versicherungsnehmer Konsequenzen auf die Leistungspflicht des Versicherers hat (§ 86 Abs. 2 VVG).

 

Rz. 111

Nach § 194 Abs. 2 VVG wird für den Bereich der Krankenversicherung der Forderungsübergang auf bereicherungsrechtliche Ansprüche erweitert: Steht dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versicherer aufgrund des Versicherungsvertrages Erstattungsleistungen erbracht hat, finden der Forderungsübergang und die Regelung des § 86 Abs. 1 und 2 VVG ebenfalls Anwendung. Ein solcher Fall kann etwa dann vorliegen, wenn sich nachträglich eine Honorarvereinbarung als unwirksam herausstellt; in diesem Fall bedarf es nach dem neuen VVG keiner Abtretung mehr.

Die nach der alten Rechtsprechung erfolgte Abtretung von Ansprüchen der Versicherungsnehmer an den privaten Krankenversicherer zur Geltendmachung von Leistungsrückforderungen gegen den behandelnden Arzt oder das Krankenhaus verstoßen weder gegen Art. 1 und § 1 Abs. 1 RBerG noch gegen § 1 Abs. 1 S. 1 5. AVO-RBerG.[63]

[62] Vgl. auch BGH v. 9.5.2012 – IV ZR 1/11, VersR 2012, 980: keine Tarifumstellung nach Geschlechtsumwandlung.

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