Rz. 67

Nachfolgend wird die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde hinsichtlich Form, Frist und Begründung dargestellt. Weiter wird die Frage der möglichen Beschränkung der Rechtsbeschwerde, speziell auf ein verhängtes Fahrverbot, behandelt.[53]

 

Rz. 68

Beschlüsse, die im schriftlichen Verfahren gemäß § 72 OWiG ergangen sind, und Urteile können mit der Rechtsbeschwerde gemäß § 79 OWiG angefochten werden. Es handelt sich hierbei um ein Rechtsmittel, das aufgrund seiner geregelten Zulassungsvoraussetzungen beschränkt ist.

 

Rz. 69

Die Vorschriften der StPO über Rechtsmittel gelten gemäß § 46 Abs. 1 OWiG im gerichtlichen Bußgeldverfahren sinngemäß, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Dies betrifft die Anfechtungsberechtigung, die Form und die Frist der Einlegung.[54]

[53] Hinsichtlich der übrigen Fragen zum Rechtsbeschwerdeverfahren, speziell Besetzung der Senate sowie mögliche Vorlage an BGH, kann verwiesen werden auf die Darstellung bei Buschbell/Schäpe, MAH Straßenverkehrsrecht, § 17 Rn 53 ff.
[54] Zu den Abweichungen gegenüber dem Revisionsverfahren vgl. Göhler, Vor § 79 Rn 1 ff.

1. Zulässigkeit

 

Rz. 70

Die Rechtsbeschwerde ist unter den in § 79 OWiG normierten Voraussetzungen zulässig.

 

Rz. 71

Ohne weitere Zulassung ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn gegen den Betroffenen auf eine Geldbuße von 250 EUR erkannt wurde (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) oder wenn eine Nebenfolge, z.B. ein Fahrverbot, angeordnet worden ist mit Ausnahme einer vermögensrechtlichen Nebenfolge (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Weiter ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als 600 EUR festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG). Des Weiteren ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn ein Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 4 OWiG) oder ein Beschluss gemäß § 72 OWiG trotz rechtzeitigen Widerspruchs des Betroffenen gegen das schriftliche Verfahren ergangen ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 5 OWiG).

 

Rz. 72

Die Rechtsbeschwerde ist im Übrigen nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich gemäß § 80 OWiG auf entsprechenden Antrag hin zugelassen worden ist. Dies ist unter zwei Voraussetzungen möglich, nämlich wenn es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechtes nachzuprüfen oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) oder wenn das Urteil gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben ist.

 

Rz. 73

Im Übrigen wird gem. § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG die Rechtsbeschwerde wegen Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren und wegen der Anwendung von anderen Rechtsnormen zur Fortbildung des Rechtes nicht zugelassen, wenn gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als 100 EUR festgesetzt oder eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist, deren Wert im Urteil auf nicht mehr als 250 EUR festgesetzt worden ist.

 

Rz. 74

Diese enge Fassung der Voraussetzungen beschränkt die Möglichkeit der Zulassung einer Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG. So ist z.B. die Frage der Verjährung im Verfahren nach § 80 OWiG in der Regel gar nicht zu prüfen, es sei denn, sie steht im Zusammenhang mit der Überprüfung eines anderen Rechtsfehlers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.[55]

[55] Beck/Berr, Rn 140; zu Aspekten für Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde vgl. Buschbell/Schäpe, MAH Straßenverkehrsrecht, § 17 Rn 58.

2. Form und Frist

 

Rz. 75

Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften über das Revisionsverfahren in Strafsachen entsprechend, also für deren Einlegung und deren Begründung die §§ 341 bis 345 StPO und ebenso für das weitere Verfahren, soweit das OWiG gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG nicht etwas anderes bestimmt.

 

Rz. 76

Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist die Erklärung notwendig, und zwar in Anwendung des § 344 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, inwieweit die Entscheidung angefochten und deren Aufhebung beantragt wird.

 

Rz. 77

Weiter ist eine Begründung der Rechtsbeschwerde notwendig. Ansonsten ist sie unzulässig.

 

Rz. 78

Zunächst kommt in Betracht die Sachrüge. Diese kann erklärt werden durch folgende Formulierung: "Gerügt wird die Verletzung sachlichen Rechts". Bei der Verfahrensrüge handelt es sich um die Rüge der Verletzung der Rechtsnormen zum Verfahrensablauf, z.B. der örtlichen Unzuständigkeit.[56]

 

Rz. 79

Im Falle des Todes des Betroffenen während eines anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens ist das Bußgeldverfahren durch Beschluss gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 206a StPO einzustellen.[57]

 

Rz. 80

Gegen die Entscheidungen des AG im Bußgeldverfahren durch Beschluss i.S.d. § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG ist die Rechtsbeschwerde in entsprechender Anwendung des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 OWiG zulässig, wenn die in § 72 Abs. 1 S. 2 OWiG vorgesehene Belehrung nicht ...

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