Rz. 63

Eine Prozessfinanzierung ist prinzipiell auch in allen Verfahrensstadien denkbar. Prozessfinanzierer bieten ihre Dienstleistung an, gleichviel ob sie bereits vor der ersten Instanz während laufender erster Instanz oder gar erst für die Berufung oder die Revision, die Beschwerde oder die weitere Beschwerde im FamFG-Verfahren angegangen werden. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die Frage der Finanzierung eines Revisionsverfahrens nach verlorener Berufungsinstanz oftmals nur negativ verbeschieden werden kann. Dies insbesondere, wenn die Revision vom OLG nicht zugelassen wurde. In diesen Fällen ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Revision angenommen wird, empirisch gesehen so gering, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten nicht mehr gesprochen werden kann.[20] Hier ist die Finanzierbarkeit von Ansprüchen de facto auf grob fehlerhafte bzw. offensichtlich falsche Entscheidungen bei zugelassener Revision beschränkt. Ein Beispiel für eine solche grob fehlerhafte bzw. offensichtlich falsche Entscheidung bietet folgender Fall:

 

Rz. 64

 

Beispiel

Der vermögende Erblasser spendet zu Lebzeiten einen Millionenbetrag an die Stiftung der Dresdner Frauenkirche. Im Nachlass, der der leiblichen Tochter als Alleinerbin zufließt, befinden sich nur geringwertige Vermögenswerte. Das LG wies die auf § 2329 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB gestützte Klage mit der Begründung ab, die beklagte Stiftung sei entreichert, weil sie die gespendeten Gelder zum Bau der Frauenkirche verwendet habe, dieser Kirche aber kein Wert zukomme. Das OLG Dresden ging auf die Berufung hin noch weiter und verneinte gar das Vorliegen einer pflichtteilsergänzungspflichtigen Schenkung nach § 2325 BGB.

 

Rz. 65

Die Entscheidung des OLG verkannte in eklatanter Weise den Sinn und Zweck des Pflichtteilsergänzungsanspruches nach geltendem Recht. Die vom Erblasser ohne jede Gegenleistung an die Stiftung abgeführten Mittel mussten zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen, da anderenfalls der Umgehung des Pflichtteilsergänzungsanspruches Tür und Tor geöffnet gewesen wären. Der BGH hat dann auch auf die Revision hin, das Urteil des OLG Dresden in vollem Umfange der Revision aufgehoben.[21]

[20] Die Annahmequote der einzelnen Senate lässt sich der Homepage des BGH entnehmen, vgl. www.bundesgerichtshof.de: dort finden sich unter der Rubrik "Der BGH" die Statistiken.
[21] BGH, Urt. v. 10.12.2003 – IV ZR 249/02 = BGHZ 157,178 = NJW 2004, 1382 = ZErb 2004, 45 = ZEV 2004, 115; Besprechung des BGH Urteiles durch Schiffer, NJW 2004, 1565.

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