Rz. 527

Eine Endentscheidung über den Trennungsunterhalt wird mit Rechtskraft der Scheidung gegenstandslos, ebenso jeder andere Unterhaltstitel und jede Unterhaltsvereinbarung,[888] allerdings mit einer Ausnahme: Die im Scheidungsverfahren erlassene einstweilige Anordnung gilt über die Scheidung hinaus, obwohl sie nach einer nur summarischen Prüfung erlassen wird und es gegen sie kein Rechtsmittel gibt; gemäß §§ 119, 56 FamFG wird sie erst "beim Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung" gegenstandslos.[889]

[888] In allen Unterhaltsvereinbarungen und in Unterhaltsvergleichen kann man aber regeln, dass sie auch über die Rechtskraft der Scheidung hinaus fortgelten sollen (Form des § 1585c BGB beachten!).
[889] Die im Trennungsunterhaltsverfahren ergangene einstweilige Anordnung wird mit Rechtskraft der Scheidung gegenstandslos, OLG Frankfurt FamRZ 2006, 1687 m.w.N.

aa) Keine zeitlichen Einschränkungen

 

Rz. 528

Die Abänderung einer im Scheidungsverfahren ergangenen einstweiligen Anordnung[890] kann gemäß §§ 119, 54 FamFG nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Scheidungsverfahrens beantragt werden.[891] Die einstweilige Anordnung kann auch nicht gemäß § 238 FamFG abgeändert werden. Damit bleibt für den Schuldner nach Beendigung des Scheidungsverfahrens nur der negative Feststellungsantrag gegen die einstweilige Anordnung.[892] Dieser Feststellungsantrag kann sowohl für die Zukunft als auch für die Vergangenheit (ohne zeitliche Begrenzung) gestellt werden; er ist also nicht etwa nur – entsprechend § 1613 BGB und § 238 Abs. 3 S. 3 FamFG – für die Zeit zulässig, seit der Gläubiger aufgefordert worden ist, auf seine Rechte aus der einstweiligen Anordnung zu verzichten.[893]

[890] Muster zum Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 54 Abs. 2 FamFG in: Roßmann, Taktik im familiengerichtlichen Verfahren, Rn 3323.
[891] Danach ist ein solcher Antrag nicht mehr zulässig, BGH FamRZ 1983, 355.
[892] So BGH FamRZ 1983, 355. Auch OLG Jena FF 2011, 462.
[893] BGH FamRZ 1989, 850.

bb) Nicht bei einstweiliger Anordnung im isolierten Unterhaltsverfahren

 

Rz. 529

Ist im Rahmen eines isolierten Unterhaltsverfahrens eine einstweilige Anordnung gemäß §§ 119, 49 ff. FamFG erlassen worden, so ist ein dagegen gestellter negativer Feststellungsantrag unzulässig. Denn hier ist ein Hauptsacheverfahren anhängig; eine Entscheidung in diesem Hauptsacheverfahren stellt eine anderweitige Regelung i.S.d. §§ 119, 56 FamFG. Für einen negativen Feststellungsantrag fehlt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis.[894]

Ist eine isolierte einstweilige Anordnung außerhalb eines Hauptsacheverfahrens erlassen worden, kann der Schuldner gemäß § 52 Abs. 2 FamFG beantragen, dass dem Gläubiger eine Frist gesetzt wird, binnen der ein Hauptsacheantrag zu stellen ist; nach fruchtlosem Fristablauf ist die einstweilige Anordnung aufzuheben. Dennoch dürfte ein negativer Feststellungsantrag daneben zulässig sein, insbesondere, wenn das Gericht eine lange Frist (längstens drei Monate) für den Hauptsacheantrag setzt; denn nur der negative Feststellungsantrag ermöglicht es dem Unterhaltsschuldner, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beantragen.

[894] OLG Köln FamRZ 2001, 106.

cc) Weiter einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, aber kein Rückforderungsantrag mehr

 

Rz. 530

 

Beachten!

Obwohl die einstweilige Anordnung keinen Rechtsgrund i.S.d. § 812 BGB darstellt, ist dringend zu empfehlen, mit dem negativen Feststellungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 242 FamFG, § 769 ZPO (die antragsbegründenden Tatsachen sind gemäß § 31 FamFG glaubhaft zu machen!) zu verbinden; so kann es dem Schuldner jedenfalls in eindeutigen Verfahren erspart werden, zunächst weiter in der vollen titulierten Höhe zahlen zu müssen.

Das Risiko, dass der Schuldner bis zum rechtskräftigen Abschluss des Abänderungsverfahrens den titulierten Unterhalt zahlen muss und sich der Gläubiger später gegenüber dem Rückzahlungsverlangen auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen kann, besteht aber nicht mehr. Denn auch der Unterhaltsschuldner kann jetzt die rückwirkende Abänderung einer gerichtlichen Unterhalts-Endentscheidung erreichen; da gemäß § 241 FamFG Rechtshängigkeit i.S.d. § 818 Abs. 4 BGB schon mit Zustellung jedes Änderungsantrags eintritt, mit dem eine Herabsetzung begehrt wird, kann sich der Gläubiger nicht mehr auf Entreicherung berufen. Das wird man, falls hier Bereicherungsrecht überhaupt anwendbar ist, bei einem gegen eine einstweilige Anordnung gerichteten negativen Feststellungsantrag entsprechend anwenden müssen.[895]

[895] Siehe Schlünder, FamRZ 2010, 2038, auch zum sichersten Vorgehen mit Hilfe eines gleichzeitig eingeleiteten gesonderten Rückforderungsverfahrens.

dd) Im Ehescheidungsverbund und nach Scheidung möglich

 

Rz. 531

Der negative Feststellungsantrag kann sowohl im Ehescheidungsverbund (Anhängigkeit spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung, § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG)[896] als auch nach Rechtskraft der Scheidung gestellt werden.

[896] Zur Frist vgl. Horndasch/Viefhues/Roßmann, FamG, § 137 Rn 35; wenn zwischen Zustellung der Ladung und dem Temin nicht mindestens eine weitere Woche liegt, besteht Anspruch auf Terminverlegung, BGH FamRZ 2013, 1300.

ee) Wirksamkeit des Feststellungsbeschlusses

 

Rz. 532

Der negative Fe...

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