Rz. 15

Wird gegen die Entscheidung der Landesjustizverwaltung die gerichtliche Entscheidung des OLG beantragt (§ 107 Abs. 4, 6, 8 FamFG), so richtet sich die Vergütung nach Teil 3 Abschnitt 1 VV. Es gelten nicht etwa die Vorschriften eines Berufungsverfahrens, da dieser Fall in Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 lit. a) VV nicht aufgeführt ist und auch eine anderweitige spezielle Norm wie z.B. Nr. 3300 VV nicht einschlägig ist. Der Sache nach handelt es sich auch nicht um ein Beschwerdeverfahren, sondern um ein erstinstanzliches verwaltungsgerichtliches Verfahren, vergleichbar einer Anfechtungsklage. Auch wenn § 107 Abs. 7 S. 3 FamFG auf die §§ 58 ff. FamFG verweist, wird dieses Verfahren nicht zu einem Beschwerdeverfahren; anderenfalls wäre die Verweisung auch überflüssig.

 

Rz. 16

Der Anwalt erhält also eine 1,3-Verfahrensgebühr, die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3101 Nr. 1 und 2 VV auf 0,8 ermäßigen kann. Eine Ermäßigung nach Nr. 3101 Nr. 3 VV ist nicht möglich, da es hier nicht lediglich um die Stellung eines Antrags geht, sondern um die Anfechtung einer justizverwaltungsrechtlichen Entscheidung.

 

Beispiel 3: Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Der OLG-Präsident hat den Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung zurückgewiesen. Dagegen beantragt der Anwalt gerichtliche Entscheidung.

Der Anwalt erhält jetzt eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. Ausgehend von einem Wert entsprechend der Ehesache von 9.000,00 EUR (§ 42 Abs. 1 FamGKG) ist wie folgt zu rechnen:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   659,10 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 679,10 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   129,03 EUR
Gesamt   808,13 EUR
 

Rz. 17

Möglich ist auch hier, dass der Anwalt mehrere Auftraggeber vertritt, etwa beide Ehegatten. Dann gilt Nr. 1008 VV. Die Verfahrensgebühr erhöht sich um 0,3.

 

Rz. 18

Ist im Verfahren vor der Landesjustizverwaltung eine Geschäftsgebühr angefallen (siehe Beispiel 4), so ist diese hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 VV).

 

Beispiel 4: Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit vorheriger Tätigkeit in Anerkennungsverfahren

Der Anwalt war von einem der Ehegatten beauftragt worden, vor dem OLG-Präsidenten die Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung zu beantragen. Der OLG-Präsident hatte den Antrag zurückgewiesen. Dagegen beantragt der Anwalt gerichtliche Entscheidung.

Zur Vergütung im Anerkennungsverfahren siehe Rdn 11 ff. Auf die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) ist jetzt die vorangegangene Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig anzurechnen. Ausgehend von der Schwellengebühr und einem Wert entsprechend der Ehesache von 9.000,00 EUR (§ 42 Abs. 1 FamGKG) ist wie folgt zu rechnen:

 
I. Anerkennungsverfahren    
1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   659,10 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 679,10 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   129,03 EUR
Gesamt   808,13 EUR
II. Antrag auf gerichtliche Entscheidung    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   659,10 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
2.

Gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,

0,65 aus 9.000,00 EUR
  – 329,55 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 349,55 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   66,41 EUR
Gesamt   415,96 EUR
 

Rz. 19

Unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV kann eine 1,2-Terminsgebühr hinzukommen.

 

Beispiel 5: Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Der OLG-Präsident hat den Antrag auf Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung zurückgewiesen. Dagegen beantragt der Anwalt gerichtliche Entscheidung. Über den Antrag wird mündlich verhandelt.

Der Anwalt erhält jetzt neben der 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV auch eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV. Ausgehend von einem Wert entsprechend der Ehesache von 9.000,00 EUR § 42 Abs. 1 FamGKG) ist wie folgt zu rechnen:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   659,10 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   608,40 EUR
  (Wert: 9.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.287,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   244,63 EUR
Gesamt   1.532,13 EUR
 

Rz. 20

Eine Ermäßigung der Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV ist ausgeschlossen, da eine Versäumnisentscheidung nicht möglich ist.

 

Rz. 21

Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV kommt nicht in Betracht, da im Verfahren keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.

 

Rz. 22

Eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) kann ebenfalls nicht anfallen, da über den Verfahrensgegenstand nicht verfügt werden kann. Denkbar ist allerdings eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV. Deren Höhe beläuft sich dann auf 1,0 (Nr. 1003 VV).

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