Rz. 17

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in den Jahren 2007–2010 mehrfach mit den rechtlichen Voraussetzungen der polizeilichen Anordnung der Entnahme einer Blutprobe und eines möglichen Beweisverwertungsverbotes befasst. Hierbei ging es um die Frage der Zulässigkeit einer Eilanordnung von Blutentnahmen durch Strafverfolgungsbehörden bei "Gefahr im Verzug" gem. § 81a Abs. 2 StPO.[18] Herausgearbeitet wurde, dass die Ermittlungsbehörden sich wegen des in dieser Norm geregelten Richtervorbehaltsvor einer eigenen Anordnung einer Blutprobe darum bemühen müssen, eine Entscheidung des zuständigen Ermittlungsrichters oder, wenn dies nicht möglich ist, zumindest des zuständigen Staatsanwalt zu erreichen und dass diese Unternehmungen in der Akte zu dokumentieren sind.[19] Dabei unterliegt das entsprechende Vorgehen der Ermittlungsbehörden der umfassenden nachträglichen Rechtskontrolle durch die befassten Gerichte.[20]

 

Rz. 18

Mittlerweile entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass die Verletzung des Richtervorbehalts im Falle der Eilanordnung einer Blutentnahme gem. § 81a Abs. 2 StPO durch die Strafverfolgungsbehörden bei Verdacht einer Trunkenheitsfahrt im Verkehr in der Regel nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Dies gilt jedoch nicht bei objektiver Willkür.[21] Eine solche objektive Willkür ist z.B. dann anzunehmen, wenn trotz grundsätzlicher Erreichbarkeit der Gerichte überhaupt kein Versuch unternommen wird, den zuständigen Ermittlungsrichter zu erreichen.[22] Auch eine – den Willen des Gesetzgebers eklatant missachtende – Dienstanweisung einer höheren Polizeibehörde, nach der Gefahr im Verzug beim Verdacht von Trunkenheitsfahrten ausnahmslos zu bejahen und die Blutentnahme selbst anzuordnen ist, wird als willkürlich anzusehen sein.[23] Andererseits liegt objektive Willkür noch nicht vor, wenn ein Polizeibeamter aufgrund seines Informationsstandes keine sichere Gewissheit hat, ob er in der nächsten halben Stunde tatsächlich einen zuständigen Ermittlungsrichter erreichen kann, und daraufhin selbst die Entnahme der Blutprobe anordnet.[24] Ebenso liegt keine objektive Willkür vor, wenn der erreichte Ermittlungsrichter eine Entscheidung über die Anordnung einer Blutprobe ohne Vorlage der Akten ablehnt und die Polizei dann selbstständig zur Verhinderung eines Beweismittelverlustes eine solche Maßnahme anordnet.[25]

[19] Zusammenfassend z.B. NK-GVR/Blum, § 81a StPO Rn 6; Hentschel/König/Dauer, § 81a StPO Rn 5; Vergho, SVR 2011, 201; jw. m.w.N.
[20] BVerfG NJW 2010, 2864 = SVR 2010, 432; OLG Bamberg Blutalkohol 50 (2013), 291; vertiefend zur Thematik auch Hettenbach u.a./Pießkalla, Drogen und Straßenverkehr, § 1 Rn 103 ff.
[21] BVerfG NJW 2008, 3053 = SVR 2009, 37; NK-GVR/Blum, § 81a StPO Rn 11f.; Hentschel/König/Dauer, § 81a StPO Rn 6 ff.; Vergho, SVR 2011, 201; jw. m.w.N.; zuletzt OLG Schleswig zfs 2014, 53 m. Anm. v. Krenberger.
[22] Vgl. OLG Bamberg Blutalkohol 50 (2013), 291.
[23] OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.8.2010 – (2) 53 Ss 40/10 (21/10).
[24] OLG Schleswig zfs 2014, 53 m. Anm. v. Krenberger.
[25] OLG Schleswig NStZ 2014, 55.

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