Rz. 85

Ein Miterbe kann neben einem gemeinschaftlichen Erbschein auch einen Teilerbschein[181] erlangen. Dieser bezeugt als Einzelerbschein eines Miterben dessen Erbrecht.[182] Er ist vor allem bedeutsam, wenn z.B. die anderen Miterben nicht feststellbar sind oder deren Erbschaftsannahme nicht nachgewiesen werden kann.[183] In Verbindung mit der Anordnung einer Teilnachlasspflegschaft kann mittels des Teilerbscheins eine Auseinandersetzung möglich sein.[184] Anders als beim gemeinschaftlichen Erbschein muss beim Teilerbschein nicht nachgewiesen werden, dass die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben.

Ist ein Erbteil noch ungewiss, z.B. weil die Geburt eines zur Zeit des Erbfalls empfangenen erbberechtigten Kindes zu erwarten ist oder weil die Entscheidung über einen Antrag auf Aufnahme als Kind etc. gemäß § 2043 Abs. 2 BGB aussteht, wird gleichwohl die Zulässigkeit eines Einzelteilerbscheins bejaht.[185]

Die Beantragung eines Teilerbscheins empfiehlt sich,

z.B., wenn der andere Miterbe sich bereits durch Erbvertrag und Eröffnungsprotokoll ausweisen kann, § 35 GBO, und es nur für den Teil des Nachlasses, in dem die gesetzliche Erbfolge stattfindet, § 2088 BGB, eines Erbscheines bedarf.
bei beabsichtigter Erbteilsveräußerung.

Wichtig ist, dass die Erbquote des Antragstellers bezeichnet wird, ungeachtet dessen, dass diese sich eventuell später noch erhöhen kann, §§ 1953, 2094 BGB, sogenannter Mindestteilerbschein.

Beispiele für die fehlende Feststellung der Größe des Erbteils:

es ist nicht bekannt, ob alle Erben den Erbfall erlebt haben;
die Vaterschaft ist noch nicht gerichtlich festgestellt, § 1600d BGB.

Muster 12.6: Mindestteilerbschein

 

Muster 12.6: Mindestteilerbschein

Hiermit wird bezeugt, dass der am _________________________ in Traunstein verstorbene _________________________, geb. am _________________________ in Freiburg, zuletzt wohnhaft in _________________________,

von seiner Ehefrau _________________________, geborene _________________________, geboren am _________________________, wohnhaft in _________________________,

zur Hälfte

und von seinem Sohn _________________________, geboren am _________________________, wohnhaft _________________________

zu einem unbestimmten Teil

aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt worden ist.

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Ausweislich beiliegender Sterbeurkunde (Anlage 1) verstarb der Erblasser am _________________________ in Traunstein. Der Erblasser lebte mit der Antragstellerin im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Erblasser hinterließ als Abkömmling seinen Sohn _________________________. Sein Erbteil ist noch unbestimmt, weil infolge einer Schwangerschaft der Witwe noch Personen geboren werden können, die neben ihm zu gleichen Teilen erbberechtigt sein würden.

Eine Verfügung von Todes wegen liegt nicht vor _________________________

Die im Erbschein ausgewiesenen Erben können insbesondere bei eiligen Nachlassgeschäften zusammen mit einem nach § 1960 BGB für den nasciturus zu bestellenden Nachlasspfleger über den gesamten Nachlass verfügen.

[181] Staudinger/Herzog, § 2353 Rn 436.
[182] MüKo/J. Mayer, § 2353 Rn 9.
[183] OLG München JFG 1923, 335; Zimmermann, Praktikum der FG, S. 47.
[184] KG NJW 1971, 565; Palandt/Weidlich, § 1960 Rn 21.
[185] KGJ 42, 128; OLG Hamm Rpfleger 1969, 299; Staudinger/Herzog, § 2353 Rn 436.

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