Rz. 60

Das im Rahmen des Stellungnahmerechts zustehende Recht muss spätestens nach jeder Beweiserhebung, § 257 Abs. 1, 2 StPO, in Anspruch genommen werden:

Zeugenbeweis als Stellungnahme

zur Glaubwürdigkeit des Zeugen,
zur Glaubhaftigkeit der gemachten Angaben;

Sachverständigenbeweis als Hinweis

auf mangelnde Sachkunde des Sachverständigen,
auf unterlegene oder überlegene Forschungsmittel,
auf abweichende Meinungen anderer wissenschaftlicher Schulen oder
auf Widersprüche;

Urkundenbeweis

als Vortrag gegen die Echtheit der Urkunde,
als Hinweis auf Widersprüche zu anderen Urkunden,
als Auslegungen der Urkunde,
bis hin zu der Frage, ob der Angeklagte die Urkunde überhaupt kannte;

Augenscheinsbeweis in Hinblick darauf,

ob nicht andere Verhältnisse als zur Tatzeit herrschen oder
die nachgestellten Zeugenpositionen beweisen, dass die Beobachtungsmöglichkeiten der Zeugen erschwert waren.
 

Hinweis

Eine solche Rügepräklusion kann ggf. zu Regressansprüchen des nicht "richtig" verteidigten Mandanten gegenüber seinem Verteidiger führen.

Konsequenzen im Anwaltshaftungsrecht:[59]

 
Schwieriger Mandant "Normaler" Mandant
Prozesserklärungen werden im Vorfeld mit ihm abgestimmt und in der Akte dokumentiert.
Die Erklärung wird mündlich abgestimmt und dokumentiert.
Erklärungen werden für ihn in der Hauptverhandlung verlesen und als Anlage zu Protokoll genommen.
Die Erklärung wird mündlich vorgetragen und zu Protokoll bestätigt.
Im Hauptverhandlungsprotokoll werden diese vom Mandanten dann ausdrücklich bestätigt.
 
Dokumentation nach § 257c StPO (Deal)
 
 

Rz. 61

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Widerspruch in der Hauptverhandlung erforderlich ist, eine vorherige Geltendmachung unter taktischen Gesichtspunkten jedoch bereits geboten sein kann. Im Prozess gilt nach dem OLG Celle v. 11.7.2013 – 32 Ss 91/13:

Einen Widerspruch hat der Angeklagte spätestens zu dem in § 257 Abs. 2 StPO genannten Zeitpunkt nach der Einführung des Beweises in der Hauptverhandlung direkt im Anschluss zu formulieren.
Dieses prozessuale Gestaltungsrecht, muss geltend gemacht werden, wenn es erstmals möglich ist. Ansonsten ist das Widerspruchsrecht präkludiert mit der Folge, dass ein Widerspruch unwirksam und damit unbeachtlich sein kann.
Auch wird vertreten, dass das Recht des Angeklagten auf Verteidigung nicht berührt wäre, weil es seiner Strategie obliege, ob er die Rüge erheben wolle oder nicht.
 

Hinweis

Wichtig ist hierbei, dass im Falle des vorherigen Widerspruchs dieser zu Protokoll in der Hauptverhandlung wiederholt werden muss – erneut unter Beachtung des § 257 StPO.

 

Rz. 62

In vielen Verfahren steht die Identität des Fahrers nicht fest, eine Wahllichtbildvorlage wird durchgeführt. Diese Wahllichtbildvorlagen sind häufig ein erfolgreiches Instrument für die Verteidigung, weil sie aufgrund ihrer oftmals fehlerhaften Durchführung leicht angegriffen werden können.

[59] Borgmann, NJW 2011, 3133.

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