Rz. 5

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind in § 485 ZPO geregelt.

 

Rz. 6

Alternative 1./Zulässigkeitsvoraussetzung gem. § 485 Abs. 1 ZPO:

Danach ist der Antrag während oder außerhalb eines Streitverfahrens zulässig auf

1. Einnahme des Augenscheins,
2. Vernehmung von Zeugen
3. Anordnung der Begutachtung durch einen Sachverständigen

wenn

1.

der Antragsgegner zustimmt

oder

2. zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren oder seine Benutzung erschwert wird.
 

Rz. 7

Immer dann, wenn die Gefahr besteht, dass ein Beweismittel droht verloren zu gehen, oder die Benutzung erschwert wird, ist die Zustimmung des Antragsgegners nicht erforderlich.

 

Beispiel:

Ein in einem streitigen Verfahren benannter Zeuge ist lebensgefährlich erkrankt. Auf Grund seiner ernsthaften Erkrankung besteht die Gefahr, dass der Zeuge nicht mehr gehört werden kann.

Die in § 485 Abs. 1 ZPO genannten Beweismittel sind abschließend aufgezählt; demnach ist ein Urkundenbeweis oder die Parteivernehmung nicht möglich.

 

Rz. 8

Antrag und Verfahren gem. § 485 Abs. 1:

Zustimmung durch den Antragsgegner:

Liegt die Zustimmung des Antragsgegners vor, ist neben dem notwendigen Inhalt des Antrages gem. § 487 ZPO diese dem Gericht vorzulegen oder aber von dem Antragsgegner gegenüber dem Gericht selbst zu erklären. Diese vom dem Antragsteller einmal erklärte Zustimmung ist als Prozesshandlung unwiderruflich (vgl. Zöller, § 485 ZPO Rn 2).

Für den Fall, dass ein Beweismittel droht verloren zu gehen oder seine Benutzung erschwert wird, ist die Zustimmung des Antragsgegners nicht erforderlich.
 

Rz. 9

Muster 12.1: Musterantrag auf Anordnung des selbstständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO

 

Muster 12.1: Musterantrag auf Anordnung des selbstständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO

An das

AG

In dem Rechtsstreit

Kläger ./. Beklagter

Geschäftszeichen: _________________________ C _________________________/18

beantrage ich namens und in Vollmacht des Klägers im Wege des selbstständigen Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO – ohne mündliche Verhandlung – die Vernehmung des Zeugen _________________________, zu laden über Anschrift, zu folgendem Beweisthema anzuordnen:

Hat der Beklagte in Anwesenheit des Zeugen _________________________ zugesichert, dass ein neues Getrie­be an dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen _________________________, Fahrgestell-Nr. _________________________, ­eingebaut worden ist.

Begründung:

Der Zeuge [Name] kann/wird den klägerischen Vortrag bestätigen, wonach der Beklagte im Zuge der Vertragshandlungen in Anwesenheit des Zeugen dem Kläger am 13.3.2018 zugesichert hat, dass er ein neues Getriebe zu einem Preis in Höhe von 3.000,00 EUR eingebaut hat und die Rechnung nachreichen werde.

Da der Zeuge zwischenzeitlich schwer erkrankt ist, ist nicht auszuschließen, dass dieser im Zeitpunkt einer Beweisaufnahme oder in dem Hauptsacheverfahren nicht mehr vernommen werden kann.

Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.

Rechtsanwalt/Rechtsanwältin

 

Rz. 10

Alternative 2/Zulässigkeitsvoraussetzung gem. § 485 Abs. 2 ZPO

Danach kann eine Partei, sofern ein Rechtsstreit nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen – vorausgesetzt, dass sie ein berechtigtes Interesse daran hat festzustellen:

1. Zustand einer Person oder den Zustand oder den Wert einer Sache (z.B. Feststellung des Zustandes eines scheinbar fertig gestellten Bauwerks).
2. Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels (z.B. Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, zur Klärung der Beweisfrage, ob und in welchem Umfang die Verletzung auf den Verkehrsunfall zurückzuführen ist),
3. Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels (z.B. besteht zwischen den Parteien Streit darüber, ob ein Mangel an einem Bauwerk vorliegt und des Weiteren, welche Kosten die Beseitigung dieses Mangels verursachen kann zum Einen der Zustand der Sache gem. § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und die Kosten der Beseitigung des Mangels gem. § 485 Abs. 2 Nr. 3 ZPO durch ein schriftliches Sachverständigengutachten geklärt werden)
 

Rz. 11

 
Hinweis

Das selbstständige Beweisverfahren dient zur Klärung von Tatsachen. Besteht also zwischen den Parteien Streit vorwiegend über Rechtsfragen, findet das Beweisverfahren keine Anwendung.

 

Rz. 12

Von einem rechtlichen Interesse des Antragstellers ist immer dann auszugehen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Ausreichend ist demnach bei einem entsprechenden Antrag, dass ein Rechtsverhältnis (gesetzliches oder vertragliches) zwischen den Parteien besteht und ein Antragsgegner vorhanden ist.

 

Rz. 13

Antrag und Verfahren gem. § 485 Abs. 2 ZPO

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines solchen Antrages sind

1.

Keine Anhängigkeit des Rechtsstreits in der Hauptsache:

Wird nach Einleitung des Verfahrens der Prozess in der Hauptsache anhängig, entfällt die Zulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahrens, sofern keine Fortsetzung des Verfahrens gem. § 485 Abs. 1 ZPO in Frage kommt.

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