Rz. 145

Sofern der Erbe eines Schuldners das Recht hatte, die Haftung für Verbindlichkeiten auf den Nachlass zu beschränken, kommt ihn diese Haftungsbeschränkung nur dann zu Gute, wenn der Vorbehalt im Urteil gem. § 780 Abs. 1 ZPO aufgenommen worden ist (ausführlich dazu siehe § 3 Der Miterbe).

Bei der Zwangsvollstreckung gegen den Erben des Schuldners bleibt nach § 781 ZPO die Haftungsbeschränkung unberücksichtigt, bis aufgrund derselben gegen die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwendungen erhoben werden. Berücksichtigt wird also die Haftungsbeschränkung erst, wenn sich der Erbe darauf beruft. Durch die Geschäftsanweisung der Gerichtsvollzieher (GVGA) ist in § 53 GVGA vorgeschrieben, dass der Gerichtsvollzieher sich bei der Pfändung nur auf nachlassfreie Sache beschränken soll, wenn sie zur Befriedigung des Gläubigers ausreichen.

Die einzelnen Haftungsbeschränkungen werden ohne sachliche Prüfung ihrer Voraussetzungen vom Prozessgericht ausgesprochen. Dementsprechend folgt eine Klärung erst im Prozess nach §§ 767 ff., 785 ZPO. Zuständig ist hierfür das Gericht des ersten Rechtszuges, aus dessen Urteil vollstreckt wird, und zwar ohne Rücksicht auf den Wert der gepfändeten Sachen.[151]

 

Rz. 146

Muster 11.21: Klage gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Vollstreckungsabwehrklage)

 

Muster 11.21: Klage gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahme (Vollstreckungsabwehrklage)

Amtsgericht

Vollstreckungsgericht

In der Vollstreckungssache

Meier ./. Müller

Az: _________________________

erhebe ich namens und in Vollmacht des Klägers Klage und werde beantragen,

die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 23.4.2011 Az. _________________________ in das nicht zum Nachlass des am 24.2.2016 verstorbenen Otto Normalerblasser gehörende Vermögen des Klägers und die am 30.8.2015 durchgeführte Pfändung des Bildes Selbstportrait des Künstlers Arthur Illies für unzulässig zu erklären.

Begründung:

_________________________

 

Rz. 147

Um ein sofortiges Anerkenntnis zu vermeiden, ist für den Praktiker eine unveröffentlichte Entscheidung des Landgerichtes München[152] von Interesse, bei der es um die beschränkte Erbenhaftung im Rahmen der Zwangsvollstreckung ging.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde: Ein Rechtsanwalt erhob die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO, nachdem gegen seine Mandantin trotz Aufnahme der beschränkten Erbenhaftung in den Urteilstenor durch die Gegenseite die Zwangsvollstreckung in das Eigenvermögen eingeleitet wurde. Die Gegenseite hat sofort anerkannt. Das Gericht hat daher die Kosten dieses Verfahrens dem Kläger aufgebürdet.

Das Landgericht München führt aus, dass ein sofortiges Anerkenntnis vorliege, wenn vom Beklagten die Haftungsbeschränkung des Klägers als Erben im Verfahren nach § 781 ZPO sofort akzeptieren würde. Es sei zwar im Urteilstenor die Haftungsbeschränkung nach § 780 ZPO aufgenommen worden, der Kläger habe aber nicht diesen Vorbehalt zusätzlich im Rahmen der Zwangsvollstreckung geltend gemacht. Man mag die Entscheidung für falsch halten, da doch mit dem ausdrücklichen Haftungsvorbehalt im gerichtlichen Verfahren zumindest konkludent erklärt wird, sich auch im Zwangsvollstreckungsverfahren auf den Vorbehalt zu berufen. Für die Praxis ist jedoch auf jeden Fall der sicherste Weg zu beschreiten, um ein sofortiges Anerkenntnis mit der ungünstigen Kostenfolge zu vermeiden.

Wird in dem gerichtlichen Verfahren der Vorbehalt der Haftungsbeschränkung nach § 780 ZPO erhoben, sollte im Schriftsatz gleichzeitig folgender Zusatz erfolgen:

Muster 11.22: Vorbehalt der Haftungsbeschränkung nach § 780 ZPO

 

Muster 11.22: Vorbehalt der Haftungsbeschränkung nach § 780 ZPO

Vorsorglich wird bereits jetzt erklärt, dass sich der Erbe auch im Zwangsvollstreckungsverfahren auf die Beschränkung der Haftung berufen und im Falle der Zwangsvollstreckung in das Eigenvermögen Vollstreckungsabwehrklage erheben wird.

 

Rz. 148

Des Weiteren besteht neben der Vollstreckungsabwehrklage die Möglichkeit eines Antrages auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 769 ZPO.

 

Rz. 149

Muster 11.23: Antragsformulierung auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Muster 11.23: Antragsformulierung auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

Die Zwangsvollstreckung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner aus dem Urteil des Amtsgerichts/Landgerichts _________________________ vom _________________________ Az. _________________________ wird, notfalls gegen Sicherheitsleistung, die auch durch schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaft der Bank erbracht werden kann, einstweilen eingestellt.

 

Rz. 150

Sofern ein Fall vorliegt, bei dem § 780 ZPO nicht greift, weil z.B. die Erblasserschuld bereits vor dem Erbfall tituliert war, muss der Erbe hingegen die besondere Vollstreckungsgegenklage nach § 785 ZPO erheben, um seine beschränkte Haftung geltend zu machen.

 

Rz. 151

Muster 11.24: Vollstreckungsgegenklage des Erben nach §§ 785, 767 ZPO

 

Muster 11.24: Vollstreckungs...

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