1. Pfändung in den Nießbrauch gegen den Nießbraucher
Rz. 123
Der Nießbrauch ist gem. § 857 Abs. 3 ZPO der Pfändung unterworfen, obwohl der Nießbrauch selbst gem. § 1059 S. 1 BGB unveräußerlich ist.
Zwar kann die Überlassung der Ausübung des Nießbrauchrechtes vertraglich mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen werden, aber der Pfändbarkeit steht der vertragliche Ausschluss nicht entgegen.[127]
Gepfändet wird nicht der schuldrechtliche Anspruch des Nießbrauches, sondern vielmehr das Stammrecht nach § 1030 ff. BGB.[128] Ist fälschlicherweise beantragt worden, die Forderung auf Ausübung des Nießbrauches zu pfänden, ist eine Umdeutung möglich.[129]
Rz. 124
Aufgrund der Pfändung kann der Schuldner nicht mehr wirksam über das Recht verfügen. So kann er auch nicht mehr auf den Nießbrauch rechtswirksam verzichten.
Drittschuldner ist der Eigentümer der mit dem Nießbrauch belasteten Sache oder Grundstücks bzw. des belasteten Vermögens.[130] Die Pfändung wird mit der Zustellung bewirkt. Eine weitere Eintragung der Pfändung im Grundbuch ist nicht notwendig.
Rz. 125
Aufgrund der Unveräußerlichkeit des Nießbrauches ist auch die Überweisung des Rechtes gem. § 835 ZPO ausgeschlossen. Somit kann lediglich die Befugnis zur Ausübung des Nießbrauches zur Einziehung überwiesen werden. Hierdurch kann der Gläubiger gegenüber dem Drittschuldner ermächtigt werden, diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Handlungen vorzunehmen, die zur Gewinnung der Sachennutzung erforderlich sind. So kann er nunmehr selbst gem. § 1036 BGB die Sache in Besitz nehmen oder aber die belastete Sache vermieten oder verpachten. Der Eigentümer eines Nießbrauchsgrundstücks wird mit dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht Rechtsnachfolger des Nießbrauchers. Die Beendigung des Nießbrauchs führt grundsätzlich zu einem Erlöschen der gegen einen Dritten bestehenden Ansprüche des Nießbrauchers gem. § 1065 i.V.m. §§ 985, 1004 BGB auf Herausgabe der Nießbrauchssache oder Störungsbeseitigung.[131]
In manchen Fällen muss der Nießbraucher auch die Pfändung in das Nießbrauchsgrundstück dulden. Hat sich der Grundstückseigentümer in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll, kann gegen den Berechtigten eines im Rang nach der Grundschuld in das Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs eine die eingeschränkte Rechtsnachfolge ausweisende Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde Klausel).[132]
Rz. 126
In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass aber ein Wohnrecht nach § 1093 BGB als beschränkte persönliche Dienstbarkeit grundsätzlich nicht pfändbar nach §§ 851 Abs. 1, 857 Abs. 3 ZPO ist, da es auch nicht übertragen werden kann.[133] Nach § 1092 Abs. 1 S. 2 BGB kann aber die Befugnis zur Ausübung der Dienstbarkeit einem Dritten überlassen werden. In einem solchem Fall wäre das Recht zur Überlassung der Ausübung der Dienstbarkeit pfändbar.
Rz. 127
Nach § 857 Abs. 4 ZPO kann das Vollstreckungsgericht nähere Anordnungen hinsichtlich der Ausübung des Nießbrauches regeln und dafür insbesondere einen Verwalter bestellen. Der Verwalter hat dann dem Gläubiger die Erträgnisse abzuliefern. Eine Beantragung eines Verwalters bietet sich insbesondere in den Fällen an, in denen der Schuldner den Nießbrauch nicht selbst ausüben kann.
Weigert sich der Drittschuldner, dem Gläubiger nach der Pfändung den Besitz einzuräumen, so muss der Gläubiger Klage auf Besitzeinräumung oder Herausgabe verlangen. Ein nach § 857 Abs. 4 ZPO eingesetzter Verwalter ist nicht klagebefugt.
Die Pfändung des Nießbrauches kann auch im Grundbuch eingetragen werden, wo bereits die Vorpfändung eintragbar ist. Voraussetzung hierfür ist ein schriftlicher Antrag des Gläubigers, wobei gleichzeitig das Wirksam werden der Pfändung nachgewiesen werden muss.
Ist der Nießbrauch gepfändet, schließt dies einen weiteren Vollstreckungszugriff in die dem Nießbraucher zukünftig zufallenden Nutzungen nicht generell aus.[134]
Wurde ein Nießbrauch in der Weise bestellt, dass er bei der Pfändung gleichzeitig erlischt, hat der Schuldner die Möglichkeit des Schutzes nach § 765a ZPO.[135]
Lastet der gepfändete Nießbrauch des Schuldners auf einem ideellen hälftigen Bruchteil des Grundstücks, das im ungeteilten Eigentum z.B. seiner Ehefrau steht, so kann der Gläubiger über die Leistungsklage eine ordnungsgemäße Nutzung des Grundstücks erreichen, soweit dies der Billigkeit entspricht und sich im Rahmen des § 743 Abs. 2 BGB hält.[136]
Rz. 128
Muster 11.18: Antrag auf Pfändung des Nießbrauches
Muster 11.18: Antrag auf Pfändung des Nießbrauches
Amtsgericht
Vollstreckungsgericht
In der Zwangsvollstreckungssache
Meier ./. Müller
beantrage ich die Pfändung
wegen des Betrages von 20.000 EUR und der weiteren Kosten der Zwangsvollstreckung des angeblichen in dem Grundbuch von München Band 12, Blatt 34 in Abteilung II Nr. 1 an dem Grundstück Marienplatz 7a des
Dr. Detlef Menninghaus als Drittschuldner
zugunsten des Schuldners eingetragenen Nießbrauch...
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