1. Allgemeines

 

Rz. 27

Der Miterbenanteil ist pfändbar. So kann der Miterbenanteil am Nachlass zusammen mit dem Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung sowie auf Auseinandersetzung des Nachlasses gegenüber den Miterben bzw. eines Testamentsvollstreckers oder Nachlassverwalters gepfändet werden. Dabei sind sämtliche Miterben bzw. Testamentsvollstrecker Drittschuldner. Bei mehreren Miterben wird die Pfändung erst im Zeitpunkt der Zustellung an den letzten Miterben wirksam. Nach § 859 Abs. 2 ZPO gelten die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsvermögen analog. Dementsprechend erfolgt die Pfändung nach §§ 857 Abs. 1, 859 Abs. 2 sowie § 829 ZPO.

 

Rz. 28

Die Pfändung bleibt erfolglos, wenn der Schuldner die Erbschaft wirksam ausschlägt. Besteht danach ein Pflichtteilsanspruch des Ausschlagenden, kann dieser jedoch erst gepfändet werden, wenn der Pflichtteilsanspruch entweder durch Vertrag anerkannt wurde oder aber rechtshängig ist, wie sich aus § 852 Abs. 1 ZPO ergibt.

Im Pfändungsantrag muss nicht ausdrücklich der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung erwähnt werden, da dies bereits aus der Miterbenstellung erfolgt.

Hat der Schuldner seinen Miterbenanteil dem einzigen anderen Miterben anfechtbar (z.B. § 7 AnfG) übertragen, so ist eine Rückgewähr in Natur nicht allgemein ausgeschlossen.[35]

Nach der Pfändung des Miterbenanteils kann der Schuldner nicht mehr mit den anderen Miterben über Nachlassgegenstände gemeinsam frei verfügen, sondern bedarf hierzu der Zustimmung des Gläubigers, wobei allerdings beeinträchtigende Verfügungen dem Gläubiger gegenüber jedoch nur relativ unwirksam sind. Dementsprechend kann ein Dritter an einzelnen Nachlassgegenständen gutgläubig Eigentum erwerben, wenn eine Verfügung sämtlicher Miterben ohne Mitwirkung des Gläubigers erfolgt. Dabei machen sich jedoch die Miterben schadenersatzpflichtig gegenüber dem Gläubiger.[36] Durch die Pfändung eines Erbteils erlangt der Gläubiger ein Pfandrecht an dem Erbteil, nicht aber an den einzelnen Nachlassgegenständen. Auf Grund der Überweisung des gepfändeten Nachlassanteils ist der Gläubiger nicht befugt, einzelne Gegenstände des Nachlasses zu veräußern. Vielmehr muss bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung einzelner Nachlassgegenstände indes der Schuldner weiterhin mitwirken.[37]

Aus diesem Grunde ist es zweckmäßig, einen Grundbuchberichtigungsantrag im Rahmen einer Vorpfändung zu stellen, um sich vor dem gutgläubigen Erwerb Dritter durch Eintragung der Pfändung des Miterbenanteils im Grundbuch zu schützen. Eine Eintragung erfolgt jedoch nur dann, wenn eine rechtzeitige Hauptpfändung nachgewiesen wird. Steht ein Schuldner weder als Alleineigentümer noch als Miteigentümer eines Grundstücks (Wohnungseigentums), sondern als Mitglied einer Erbengemeinschaft im Grundbuch, so darf das Grundbuchamt eine Zwangshypothek mit der Folge, dass ein Miterbenanteil belastet wird, nicht eintragen.[38]

 

Rz. 29

Der gepfändete Miterbenanteil wird verwertet:

durch Überweisung zur Einziehung gem. §§ 835, 857 Abs. 1 ZPO oder
durch Anordnung einer anderen Verwertungsart gem. §§ 844, 857 Abs. 4, 857 Abs. 5 ZPO.

Nach herrschender Ansicht[39] ist der Gläubiger zur Beitreibung des Auseinandersetzungsguthabens mit der Überweisung zur Einziehung berechtigt. Der Gläubiger kann dann die Erbauseinandersetzung eigenständig betreiben, auch wenn der Erblasser sie ausgeschlossen hatte.[40]

Widersprechen die übrigen Miterben der Auseinandersetzung, kann der Gläubiger entweder einen Antrag an das Nachlassgericht gem. § 363 FamFG auf Vermittlung der Auseinandersetzung stellen, oder aber eine Zustimmungsklage zu einem bestimmten Auseinandersetzungsplan einreichen. Bevor eine Zustimmungsklage jedoch eingereicht wird, ist es ratsam, aufgrund des gepfändeten Miterbenanteils zunächst sämtliche Auskunftsrechte durchzusetzen.

 

Rz. 30

Aufgrund der dinglichen Surrogation setzt sich das Pfändungspfandrecht des Gläubigers an den Ansprüchen des Miterben als Schuldner auf Herausgabe der ihm zustehenden Teile fort. Die weitere Pfandverwertung nach §§ 846 ff. ZPO erbringt die Befriedigung des Gläubigers.

Ist hingegen eine Teilung in Natur nicht möglich, so muss durch Verkauf des Nachlasses die Verwertung erfolgen. Bei Grundstücken muss der Gläubiger dann die Teilungsversteigerung beantragen.[41] Hat der Gläubiger einen Überweisungsbeschluss, kann er nach der Quote des gepfändeten Erbteils auch seinen Anteil am Versteigerungserlös herausverlangen.

Unproblematisch ist, wenn der Miterbe lediglich Vorerbe ist. So muss der Pfändungsbeschluss auch nicht an den Nacherben zugestellt werden. Sind mehrere Mitvorerben vorhanden, so wird die Pfändung erst mit Zustellung an den letzten Mitvorerben wirksam. Die Vorschriften der § 2115 BGB, § 773 ZPO bleiben von der Pfändung unberührt.

[35] BGH NJW 1992, 880. Dies gilt insbesondere, wenn der Nachlass nur aus einem Grundstück besteht.
[36] RGZ 83, 31.
[37] OLG Köln NJW-RR 2014, 1415.
[38] OLG München NJW-RR 2016, 212.
[39] Stöber, Rn 1691; Baumbach/Lauterbach/Albers/Har...

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