I. Übersicht Zwangsvollstreckungsmaßnahmen

 

Rz. 180

Nach Gierl[169] sind für die Zwangsvollstreckung in Erbsachen zunächst folgende Leitfragen zu stellen, um die richtige Vorgehensweise wählen zu können:

1. Ist der Anspruch gegen den Erblasser bei dessen Ableben rechtshängig?
2. Hat der in Frage kommende Erbe die Erbschaft angenommen?
3. Liegt bereits ein Titel gegen den Erblasser vor?
4. Wurden bereits zu Lebzeiten des Erblassers mit Vollstreckungsmaßnahmen begonnen?
5. In welches Vermögen (Nachlass- oder Eigenvermögen des Erben) wird vollstreckt?
6. Haftet der Erbe auf das Nachlassvermögen beschränkt und wurde diese Beschränkung materiell wirksam und in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtzeitig geltend gemacht?

Daraus folgend ergeben sich folgende unterschiedliche Konstellationen:

 
Maßnahme Stand des Verfahrens Folge anzuwendende Vorschrift
ZV mit Titel gegen Erblasser Beginn der ZV vor Erbfall Fortsetzung der ZV ohne Titelumschreibung § 779 ZPO
ZV mit Titel gegen Erblasser Beginn der ZV nach Erbfall, aber vor Annahme der Erbschaft ZV nur in den Nachlass zulässig, nicht in Erbeneigenvermögen § 778 Abs. 1 ZPO
ZV mit Titel gegen Erblasser Beginn der ZV nach Erbfall, aber nach Annahme der Erbschaft

Bei einzelnen Erben: Nach Umschreibung ZV auch ins Erbeneigenvermögen möglich

Bei Erbengemeinschaft:

Bis zur Teilung gegen sämtliche Erben Titel notwendig
§ 747 ZPO
ZV mit Titel gegen Erben Beginn der ZV vor Annahme der Erbschaft ZV in Nachlass unzulässig § 778 Abs. 2 ZPO
ZV mit Titel gegen Erben Beginn der ZV nach Annahme der Erbschaft

Bei einzelnen Erben: ZV zulässig in komplettes Vermögen

Bei Erbengemeinschaft:

Bis zur Teilung gegen sämtliche Erben Titel notwendig
§ 747 ZPO
ZV bei Testamentsvollstreckung oder Nachlasspflegschaft, Nachlassverwaltung ZV Beginn vor oder nach Annahme der Erbschaft Schuldtitel gegen Testamentsvollstrecker § 748 ZPO
ZV mit Titel des Erblassers ZV Beginn vor Erbfall und vor Annahme der Erbschaft

Fortsetzung der ZV wegen Notwendigkeit des Nachweises vor Annahme quasi unmöglich.

Klauselumschreibung notwendig
§ 727 ZPO
ZV mit Titel des Erblasser ZV Beginn vor Erbfall und nach Annahme der Erbschaft Klauselumschreibung für Fortsetzung der ZV notwendig § 727 ZPO
ZV mit Titel des Erblassers ZV Beginn nach Erbfall Klauselumschreibung für Einleitung der ZV notwendig § 727 ZPO
[169] Gierl, in: Kroiß/Horn/Solomon, Nachlassrecht, Kap. 28 Rn 2.

II. Übersicht zur Erforderlichkeit von Titeln nach Garlichs

 

Rz. 181

 
Verwaltungsart Testamentsvollstrecker Alle Miterben Alle Miterben mit Ausnahme Vollstreckungsgläubiger Alle unbelasteten Miterben Alle unbelasteten Miterben mit Ausnahme Vollstreckungsgläubiger
Bei Gesamtverwaltung          
Zwangsvollstreckung durch Dritten X        
Zwangsvollstreckung durch einzelnen Miterben X        
Zwangsvollstreckung durch Testamentsvollstrecker ZV unzulässig ZV unzulässig ZV unzulässig ZV unzulässig ZV unzulässig
Bei Teilverwaltung oder Pflichtteilsvollstreckung          
Zwangsvollstreckung durch Dritten X X      
Zwangsvollstreckung durch einzelnen Miterben X   X    
Zwangsvollstreckung durch Testamentsvollstrecker ZV unzulässig ZV unzulässig ZV unzulässig ZV unzulässig ZV unzulässig
Miterbenanteil-Verwaltung          
Zwangsvollstreckung durch Dritten X     X  
Zwangsvollstreckung durch unbelasteten Miterben X       X
Zwangsvollstreckung durch belasteten Miterben X     X  
Zwangsvollstreckung durch Testamentsvollstrecker       X  
Teilverwaltung über Miterbenanteil          
Zwangsvollstreckung durch Dritten X X      
Zwangsvollstreckung durch unbelasteten Miterben X   X    
Zwangsvollstreckung durch belasteten Miterben X   X    
Zwangsvollstreckung durch Testamentsvollstrecker   X      

(Nach Garlichs, JurBüro 1998, 246.)

III. Übersicht Pfändungsmöglichkeiten

 

Rz. 182

 
Pfändungsobjekt Pfändbarkeit Vorschrift Drittschuldner
Miterbenanteil

Ja

Pfändung vor dem Tode des Erblassers nicht möglich
§§ 857, 859, 829 ZPO

Alle Miterben,

ggf. Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger
Vorerbenanteil

Ja, aber eingeschränkte Verwertungsmöglichkeit

Pfändung vor dem

Tode des Erblassers nicht möglich
Vorgehen nach § 857 Abs. 4 ZPO ratsam Alle Miterben
Nacherbenanteil

Ja, Anwartschaftsrecht

Pfändung vor dem Tode des Erblassers nicht möglich
§ 857 Abs. 2 ZPO

Schuldner ist alleiniger Nacherbe: drittschuldnerlos

Zustellung an Schuldner ausreichend

Schuldner ist Mitnacherbe:

Weitere Mitnacherben

Wenn Mitnacherben unbekannt, dann Zustellung an Vorerbe notwendig
Pflichtteilsanspruch Nur wenn durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig. Nach Rspr. Zuvor nur Pfändung als aufschiebend bedingter Anspruch möglich, jedoch erst ab Erbfall §§ 852, 828 ff. ZPO Erbe(n) auch bei Testamentsvollstreckung
Vermächtnis Ja, jedoch erst ab Erbfall

§ 829 ZPO bei Geldvermächtnis

§§ 846 ff. ZPO bei Anspruch auf Leistung des verachten Gegenstands
verpflichteter Beschwerter
Nießbrauch Ja § 857 Abs. 3 ZPO Eigentümer der mit dem Nießbrauch belasteten Sache oder Grundstücks bzw. des belasteten Vermögens
Auflage Nein Kann ein Dritter die Auflage vollziehen, erfolgt die ZV über §§ 887 ff. ZPO  

IV. Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher

 

Rz. 183

Die wichtigsten Regelungen hinsichtlich der Zwangsvollstreckung i...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge