I. Zwangsvollstreckung bei Testamentsvollstreckung nach § 748 ZPO

1. Voraussetzungen

 

Rz. 32

Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, hat dies etliche Auswirkungen darauf, in den Nachlass zu vollstrecken. Dabei sind die Fälle zu unterscheiden, in denen der Testamentsvollstrecker entweder den gesamten Nachlass oder aber nur Teile davon zu verwalten hat.[42] Hatte die Zwangsvollstreckung gegen den Erblasser bereits begonnen, so kann nach § 779 ZPO ohne Umschreibung einer Vollstreckungsklausel die Zwangsvollstreckung weiter fortgeführt werden, unabhängig davon, ob der Testamentsvollstrecker schon ernannt wurde oder nicht (dazu ausführlich siehe Rdn 1 ff.).

Eine Klauselumschreibung ist lediglich notwendig, wenn die Zwangsvollstreckung vor dem Erbfall noch nicht begonnen hatte. Bei vorliegender Testamentsvollstreckung gelten nunmehr die Vorschriften der §§ 248, 249 ZPO.

[42] Dazu ausführlich J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 11 Rn 44 ff.

a) Testamentsvollstrecker verwaltet ganzen Nachlass

 

Rz. 33

Nach § 748 Abs. 1 ZPO ist zur Zwangsvollstreckung in den Nachlass ein gegen den Testamentsvollstrecker ergangenes Urteil erforderlich, aber auch ausreichend, wenn ein Nachlass der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt.[43] Um somit in den Nachlass vollstrecken zu können, ist lediglich ein Urteil gegen den Testamentsvollstrecker notwendig, so dass nicht ein weiterer Titel gegen den oder die Erben erwirkt werden muss.

Wegen § 2213 Abs. 1 S. 1 BGB kann ein Nachlassanspruch bei Verwaltung über den gesamten Nachlass des Erblassers durch einen Testamentsvollstrecker sowohl gegen den Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden. Liegt nur ein Titel gegen den Erben vor, ermöglicht dies auch nur die Zwangsvollstreckung in dessen Eigenvermögen. Das Nachlassvermögen bleibt verschont.[44] Liegt ein Leistungstitel gegen den Erben vor, so genügt ein Duldungstitel gegen den Testamentsvollstrecker.[45] Sofern mehrere Testamentsvollstrecker mit der gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses betraut sind, ist ein Titel gegen jeden einzelnen Testamentsvollstrecker erforderlich.[46]

Hat der Testamentsvollstrecker kein Verwaltungsrecht, so ist § 748 Abs. 1 ZPO nicht anwendbar.

 

Rz. 34

Regelmäßig ist ratsam, sowohl den Erben als auch den Testamentsvollstrecker in Anspruch zu nehmen, damit die Vollstreckung sowohl in den Nachlass als auch in das Vermögen des Erben möglich ist. Dies gilt nicht, wenn der Testamentsvollstrecker selbst Gläubiger ist, weil hierzu ein Titel gegen den Erben ausreichend ist.

Will der Erbe eine ihm zustehende Forderung gegen den Nachlass geltend machen, kann diese aber wegen der Testamentsvollstreckung nicht ohne Weiteres durchsetzen, so muss er zunächst ein Leistungsurteil gegen den Testamentsvollstrecker auf Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten erzwingen und anschließend in den Nachlass vollstrecken.[47]

Ist die Verwaltung des Testamentsvollstreckers beendet und liegt gegen den Testamentsvollstrecker ein Titel vor, kann die Zwangsvollstreckung dieses Titels in den Nachlass erst dann beginnen, wenn der Titel gegen den Erben nach § 728 Abs. 2 umgeschrieben ist.[48]

[43] Hierzu ausführlich Garlichs, JurBüro 1998, 243 ff.
[44] Zöller/Stöber, § 748 Rn 3; Gottwald, § 748 Rn 2; MüKo-ZPO/Heßler, § 748 Rn 25.
[45] Musielak/Lackmann, § 748 Rn 4; J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, § 11 Rn 22 ff.
[46] Musielak/Lackmann, § 748 Rn 4; MüKo-ZPO/Heßler, § 748 Rn 4.
[47] BGH NJW 1967, 2399.
[48] MüKo-ZPO/Heßler, § 748 Rn 24; die weitere Vollstreckbarkeit des Titels hängt danach nicht von der Fortdauer der Verwaltung ab.

b) Testamentsvollstrecker hat nur Verwaltung einzelner Nachlassgegenstände

 

Rz. 35

Steht dem Testamentsvollstrecker nur die Verwaltung einzelner Nachlassgegenstände zu, so ist nach § 748 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung in diese Gegenstände nur zulässig, wenn der Erbe zu der Leistung, der Testamentsvollstrecker zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt ist.

Dabei können das Leistungsurteil und das Duldungsurteil gem. § 2213 Abs. 2 BGB im Rahmen eines Prozesses erwirkt werden. Der Erbe kann sich nach § 780 Abs. 1 ZPO die Haftungsbeschränkung vorbehalten. Soll in Gegenstände des Nachlasses vollstreckt werden, die nicht der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegen, ist wiederum ein Leistungsurteil gegen den Erben oder die Erben gem. § 747 ZPO erforderlich.

In dem Duldungstitel gegen den Testamentsvollstrecker brauchen die Gegenstände nicht aufgeführt werden, wenn dieser nur einzelne Gegenstände zu verwalten hat. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn nach der Verurteilung die Haftung und Vollstreckung auf bestimmte Gegenstände beschränkt ist.[49]

[49] MüKo-ZPO/Heßler, § 748 Rn 22.

c) Zwangsvollstreckung eines Pflichtteilsanspruches bei Testamentsvollstreckung

 

Rz. 36

Soll wegen eines Pflichtteilsanspruches die Zwangsvollstreckung betrieben werden, kann auch, wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des gesamten Nachlasses zusteht, dieser Anspruch wegen § 2213 Abs. 1 S. 3 BGB nur gegen den Erben geltend gemacht werden. Die Zwangsvollstreckung in den verwalteten Nachlass bzw. in die Nachlassgegenstände bedarf eines Titels gegen den Testamentsvollstrecker in Form eines Duldungstitels. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe den Pflichtteilsanspruch anerkannt hat.[50]

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