I. Vor Annahme der Erbschaft

1. Voraussetzungen

 

Rz. 18

Ein Anspruch der sich gegen den Nachlass richtet, kann der Gläubiger gegen den Erben gemäß § 1958 BGB nicht geltend machen. Ebenso ist ein Schuldtitel wegen einer eigenen Verbindlichkeit des Erben nicht durch Zwangsvollstreckung in den Nachlass vor Annahme der Erbschaft gemäß § 778 Abs. 2 ZPO durchzusetzen.

Hat der Erbe die Erbschaft ausdrücklich oder konkludent angenommen oder ist die Ausschlagungsfrist des §§ 1943, 1944 BGB von sechs Wochen ohne Ausschlagung verstrichen, so gilt § 778 ZPO nicht.[25] § 778 ZPO ist auf alle Arten der Zwangsvollstreckung anwendbar.[26]

 

Rz. 19

Bei den Nachlassverbindlichkeiten nach § 778 Abs. 1 ZPO handelt es sich ausschließlich um Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1967 Abs. 2 BGB also

Erblasserschulden
Erbfallschulden und
Nachlasskosten bzw. Erbschaftsverwaltungsschulden.

Nicht unter Nachlassverbindlichkeiten fallen die Eigenschulden des Erben. Bei einer Erbengemeinschaft ist zu beachten, dass für jeden Miterben eine eigene Ausschlagungsfrist läuft. Aus diesem Grunde ist der Schutz nach § 778 Abs. 1 ZPO für jeden Miterben getrennt zu prüfen.[27] Im Übrigen ist bei Bestehen einer Miterbengemeinschaft § 778 Abs. 2 ZPO ohne Belang, da ein Privatgläubiger ohne einen gegen alle Miterben gerichteten Titel nicht in den ungeteilten Nachlass der Zwangsvollstreckung gemäß § 747 ZPO betreiben kann.

 

Rz. 20

Der Vollstreckungsschutz gegen Nachlassverbindlichkeiten sowohl für das ererbte Vermögen als auch aufgrund §§ 2019, 2041 BGB für die Surrogate.[28] Dabei gehört der Miterbenanteil am Nachlass zum Eigenvermögen des Erben und nicht zum Nachlass.

Handelt es sich um eine Vollstreckung wegen Eigenverbindlichkeiten des Erben, richtet sich die Zwangsvollstreckung auch direkt gegen den Erben, so dass nach § 778 Abs. 2 ZPO nur in das Eigenvermögen des vorläufigen Erben vollstreckt werden kann. Eine Vollstreckung in ererbte Gegenstände oder Surrogate ist unzulässig.

[25] Ausdrücklich dazu BGH ZEV 2011, 544; BGH ErbR 2011, 277; BGH EE 2011, 164 auch zur Frage im Falle einer vorherigen Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist und Antragsberechtigung zur Nachlassinsolvenz (abgelehnt vom BGH).
[26] Ebenso auf die Arrestvollziehung gem. § 928 ZPO. Vgl. Zöller/Stöber, § 778 Rn 2; MüKo-ZPO/Heßler, § 778 Rn 3.
[27] Zöller/Stöber, § 778 Rn 10; MüKo-ZPO/Heßler, § 778 Rn 5; Gottwald, § 778 Rn 3.
[28] MüKo-ZPO/Heßler, § 778 Rn 7.

2. Rechtsbehelfe

 

Rz. 21

Wird § 778 ZPO nicht beachtet, so hat der Erbe die Möglichkeit nach § 766 ZPO entweder die Vollstreckungserinnerung vorzubringen oder aber die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO.

Im Rahmen einer Nichtbeachtung von § 778 Abs. 2 ZPO können nicht nur der Schuldner, sondern auch andere Nachlassgläubiger Vollstreckungserinnerung einlegen.

Wird unzulässigerweise eine Vollstreckungsklausel erteilt, so ist der Erbe berechtigt, zu dem nach § 732 ZPO Einwendung gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel unten nach § 768 ZPO Klage gegen die Vollstreckungsklausel vorzubringen.

Zur Drittwiderspruchsklage sind neben dem vermeintlichen Erben auch der wahre Erbe und unter Umständen auch der Testamentsvollstrecker, der Nachlasspfleger oder der Nachlassverwalter befugt.[29]

Des Weiteren hat der Gläubiger die Möglichkeit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO, wenn die Zwangsvollstreckung in das Eigenvermögen des Erben oder in den Nachlass abgelehnt wird. Hat das Vollstreckungsgericht entschieden, so ist ggf. die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO oder die Durchgriffserinnerung nach § 11 RPflG einzulegen.

[29] Gottwald, § 778 Rn 8; MüKo-ZPO/Heßler, § 779 Rn 11; Zöller/Stöber, § 778 Rn 11.

II. Nach Annahme der Erbschaft

1. Voraussetzungen

 

Rz. 22

Nach Annahme der Erbschaft ist die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung aufgrund eines Schuldtitels gegen den Erben sowohl in den Nachlass als auch in das übrige Vermögen des Erben zulässig.

Ist eine Erbengemeinschaft vorhanden, bedarf es zu Zwangsvollstreckung in den Nachlass bis zur Teilung ein gegen alle Erben nach § 747 ZPO ergangenes Urteil erforderlich.

§ 747 ZPO gilt für alle Vollstreckungsarten einschließlich der Restvollstreckung auch für die Vollstreckung zwecks Herausgabe einer Nachlasssache gemäß § 883 ZPO.[30] Die Vorschrift gilt ferner für die Zwangsvollstreckung von Urteilen und sonstigen Schuldtiteln gemäß §§ 794, 795 ZPO, die gegen die Miterben gerichtet sind. Sie gilt auch für die Vollstreckung aus Arresten und einstweiligen Verfügungen, §§ 928 ff., 936 ZPO.[31]

 

Rz. 23

Es ist umstritten, ob § 747 ZPO auch auf die Vollstreckung der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung gemäß § 794 ZPO anwendbar ist. Die Anwendbarkeit ist jedoch abzulehnen, da § 894 ZPO kein Akt der Zwangsvollstreckung ist.[32]

Eine Anwendung scheidet auch bei besonderer Verwaltung des Nachlasses aus. Gleiches gilt für Testamentsvollstreckung oder Nachlassinsolvenzverfahren.

 

Rz. 24

Die Zwangsvollstreckung ist somit nur mit einem Titel in den Nachlass für die Gläubiger einer Nachlassforderung zulässig, der gegen die Miterben entweder als Gesamtschuldner nach § 2058 BGB oder aber mit...

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