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Bei der Verurteilung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 ZPO vollstreckt wird.[76] Der Zulässigkeit der Festsetzung von Zwangsmitteln steht nicht entgegen, dass der Notar aus anderen Gründen das von ihm zu fertigende Nachlassverzeichnis möglicherweise nicht bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hätte erstellen können.[77] Der Auskunftsanspruch kann zwar nicht bei jeder Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses als unerfüllt angesehen werden. Allerdings besteht ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft, wenn der Schuldner in Folge Irrtums einen Teil des Bestands weggelassen hat, wenn in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen, wenn die Angaben erkennbar unvollständig sind oder wenn das Verzeichnis aufgrund gefälschter Unterlagen aufgestellt worden ist. Ein ergänzender Auskunftsanspruch besteht darüber hinaus in den Fällen, in denen die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen nicht verschafft hat, obwohl ihm dies zumutbar ist.[78] Ein notarielles Nachlassverzeichnis im Sinn des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB ist bereits dann unvollständig, wenn es schon an der formalen Kongruenz zwischen einer im Auskunftstitel thematisch vorgegeben Erklärungsposition und den beurkundeten Angaben der Schuldnerseite fehlt.[79]

Wenn sich der Auskunftstitel gegen eine nach Gesamtschuldgrundsätzen verurteilte Erbengemeinschaft richtet, steht der Gläubigerseite ein Wahlrecht zu. Das Gericht hat kein Auswahlermessen.[80]

Somit muss im Vollstreckungsantrag festgelegt sein, an welchem Schuldner eine ersatzweise angeordnete Zwangshaft ausschließlich vollzogen werden soll, bzw. angegeben sein, in welcher Reihenfolge und in welchem anteiligen Umfang die Zwangshaft zunächst an dem einen und anschließend an dem anderen Schuldner zu vollstrecken ist.

Ein kumulativer Vollzug der beantragten Ersatzzwangshaft gegen beide Schuldner ist nicht möglich. Da jedoch eine Ersatzzwangshaft auch nachträglich festgesetzt werden kann, ist die Gläubigerseite nicht gehindert, die notwendige Ausübung ihres Wahlrechts im weiteren Verlauf des Vollstreckungsverfahrens noch nachzuholen.[81]

[76] OLG Saarbrücken ZEV 2011, 373; OLG Rostock ZEV 2009, 396; LG Görlitz ZErb 2010, 151.
[77] Dazu ausführlich: OLG Zweibrücken BeckRS 2015, 13119.
[78] OLG Saarbrücken ZEV 2011, 373.
[79] OLG Bamberg BeckRS 2016, 12018.
[80] OLG Bamberg BeckRS 2016, 12018.
[81] OLG Bamberg BeckRS 2016, 12018.

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