Rz. 93

Besonderheiten bestehen im Rahmen einer Verwertung eines gepfändeten Mitvorerbenanteils. Hier ergibt sich eine eingeschränkte Verwertungsmöglichkeit. So sind Verfügungen nach § 2115 BGB im Rahmen der Zwangsvollstreckung über Nachlassgegenstände, die dem Nacherbenrecht unterliegen bei Eintritt der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber unwirksam.

Des Weiteren kann die Aufhebung der Vorerbengemeinschaft verlangt werden. Gegebenenfalls ist die Aufhebung der Erbengemeinschaft durch Teilungsversteigerung durchzuführen. § 2115 BGB steht dem nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um eine Zwangsvollstreckung handelt.[98]

Der Gläubiger des Mitvorerben kann allerdings nicht zum Vorerbenanteil und den Auseinandersetzungsanspruch pfänden, um selbstständig die Teilungsversteigerung einzuleiten, um anschließend den Erlös zu erhalten. Nach § 2111 BGB ist der Versteigerungserlös Surrogat, welches weiterhin mit dem Nacherbenrecht belastet ist.

 

Rz. 94

§ 2115 BGB gilt auch, wenn der Schuldner befreiter Vorerbe ist. Wurde allerdings ein Nachlassgegenstand verwertet, ist dieser an einen Dritten gegangen, so kann dieser Dritte Eigentum ungeachtet § 773 ZPO erwerben. Allerdings ist er dann gegenüber dem Nacherben zur Herausgabe des Erlöses im Rahmen der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Unbeschränkt zulässig ist die Zwangsvollstreckung wegen Nachlassverbindlichkeiten und solcher dinglicher Ansprüche, die vor oder nach dem Erbfall von dem Vorerben in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses oder mit Einwilligung des Nacherben eingegangen wurden.[99] Dies ergibt sich auch aus § 2115 S. 2 BGB.

 

Rz. 95

Um überhaupt einen Vorteil nach der erfolgreichen Pfändung des Mitvorerbenanteils zu haben, ist es ratsam, nach § 857 Abs. 4 ZPO vorzugehen. Danach kann das Gericht bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in ein Nutzungsrecht eine Verwaltung anordnen. Dementsprechend ist zu beantragen, die Verwaltung anzuordnen, damit sich der Gläubiger aus den Nutzungen befriedigen kann.

Ein Pfändungsschutz nach § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO gilt grundsätzlich nicht für Einkünfte, die ein Vorerbe aufgrund seiner Vorerbenstellung erzielt. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Vorerbe Nutzungen nicht selber ziehen kann, sondern nur einen Anspruch auf Herausgabe oder Auszahlung gegen einen Dritten, z.B. Testamentsvollstrecker, hat.[100]

 

Rz. 96

Ist gegenüber dem Vorerben ein nach § 326 ZPO dem Nacherben gegenüber wirksames Urteil ergangen, so sind auf die Erteilung einer Vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Nacherben nach § 728 Abs. 1 ZPO die Vorschriften des § 727 ZPO entsprechend anzuwenden.

[98] BayObLG BayObLGZ 65, 212.
[99] Zöller/Stöber, § 773 Rn 1; BGH NJW 1990, 1237.
[100] OLG Frankfurt ZEV 2001, 156 m. Anm. Gutbell.

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